Ondansetron erhöht Risiko für Kiefer-Gaumen-Spalten APOTHEKE ADHOC, 12.02.2019 14:45 Uhr
Vor allem zu Beginn der Schwangerschaft kann der Tag mit morgendlicher Übelkeit und Erbrechen beginnen. Linderung können Arzneimittel verschaffen, allerdings ist die Auswahl in dieser Zeit gering. In den USA wird häufig auf Ondansetron gesetzt, das eigentlich keine Zulassung zur Behandlung der Schwangerschaftsübelkeit besitzt. Forscher wollten daher wissen, welche Gefahren für das Ungeborene bei einer Anwendung zu erwarten sind. Die Ergebnisse der Kohortenstudie wurden im Jama-Netzwerk veröffentlicht.
Ondansetron ist zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei einer Chemo- oder Strahlentherapie angezeigt. Außerdem kann der Arzneistoff zur Prophylaxe und Behandlung von postoperativer Übelkeit oder Erbrechen eingesetzt werden. Das Forscherteam aus Boston, Massachusetts, wollte die Frage beantworten: Ist die Anwendung von Ondansetron während der Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für Herzfehler und Kiefer-Gaumen-Spalten verbunden?
Das Team zog in die Beantwortung der Frage 1,8 Millionen Schwangerschaften ein, die in den Jahren 2000 bis 2013 im landesweiten Register Medicaid Analytic eXtract dokumentiert wurden. Die Analysen wurden zwischen November 2017 und Juli 2018 durchgeführt. Während des ersten Trimenons wurden 88.467 Frauen (entsprechend 4,9 Prozent) mit Ondansetron behandelt. Als primärer Endpunkt wurden Herzfehlbildungen und Mundspalten festgelegt, die innerhalb der ersten 90 Tage nach der Geburt diagnostiziert wurden.
Für alle 1,8 Millionen Schwangerschaften wurde das Auftreten von Herzbildungen und Mundspalten dokumentiert. Bei 14.577 von etwa 1,7 Millionen nicht exponierten Säuglingen und 835 von 88.467 exponierten Babys wurde eine Herzfehlbildung dokumentiert. Dies entspricht einem absoluten Risiko von 84,4 beziehungsweise 94,4 pro 10.000 Geburten. Für Kiefer-Gaumen-Spalten wurde ein absolutes Risiko von 11,1 (entsprechend 1921 nicht exponierte Säuglinge) beziehungsweise 14 (entsprechend 124 unter Ondansetron) pro 10.000 Geburten ermittelt.
Unter Berücksichtigung aller Begleitumstände besteht unter Ondansetron im ersten Trimenon ein um etwa 20 Prozent erhöhtes Risiko für eine Kiefer-Gaumen-Spalte. Die Wissenschaftler sprechen von einem geringfügig erhöhten Risiko.
Auch wenn unter Ondansetron mehr Herzfehler registriert wurden, sprechen die Wissenschaftler unter Berücksichtigung aller Begleitfaktoren von keinem erhöhten Risiko. Gleiches gilt für angeborene Fehlbildungen. Im Ergebnis ist Ondansetron kein erhöhtes Risiko für Herzfehler zuzusprechen; wird der Arzneistoff im ersten Trimenon angewendet, sollten die Schwangeren jedoch auf ein geringfügig erhöhtes Risiko einer Kiefer-Gaumen-Spalte hingewiesen werden.
Ondansetron ist ein 5-HT3-Antagonist. Wie genau die Wirksamkeit gegen Übelkeit und Erbrechen zustande kommt, ist bislang nicht genau geklärt. Chemotherapeutika können jedoch die Freisetzung von Serotonin im Dünndarm erhöhen und über die Aktivierung vagaler Afferenzen über die zugehörigen Rezeptoren einen Brechreiz auslösen. Ondansetron wiederum blockiert die Auslösung des Reflexes. Vermutet wird für den Arzneistoff ein Antagonismus an 5-HT3-Rezeptoren auf Neuronen sowohl des peripheren als auch des zentralen Nervensystems. Auf den Prolaktin-Spiegel nimmt der Arzneistoff keinen Einfluss.
Gegen Schwangerschaftsübelkeit im ersten Trimenon können Vitamin B6 (Nausema, Streipharm) und das Antihistaminikum Doxylamin eingesetzt werden. Auch für Dimenhydrinat lässt sich Studien zufolge im ersten Schwangerschaftsdrittel kein teratogenes Potential erkennen. Eine nicht medikamentöse Alternative ist das Akupressurband.