Wissenschaftler haben ein Opioid synthetisiert, das gezielt im Schmerzzentrum des Gehirns wirkt und nicht die bekannten peripheren Nebenwirkungen wie Atemnot oder Verdauungsprobleme auslöst. Die Wirksamkeit von „PZM21“ wurde bereits an Mäusen nachgewiesen. Das internationale Forscherteam um Professor Dr. Brian Kobilka von der Stanford University hat die Forschungsergebnisse im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.
Sowohl die analgetische Wirkung als auch die möglichen tödlichen Nebenwirkungen von Morphium und anderen Opioiden werden durch den μ-Opioid-Rezeptor (μOR) übertragen. Allerdings gibt es offenbar zwei verschiedene Signalwege für die unterschiedlichen Wirkungen: So nimmt die Forschung an, dass der Schmerz durch das G-Protein ausgeschaltet wird. Bei den Nebenwirkungen spielen dagegen die Regulation über β-Arrestin eine Rolle.
Die Wissenschaftler setzten hier an: Mithilfe von computergestützten Rechenmodellen testeten sie mehr als drei Millionen Moleküle, die sich an die Struktur des Rezeptors heften und gezielt den analgetischen Signalweg aktivieren sollten. Am besten schnitt PZM21 ab, das den Opioidrezeptor in die gewünschte Richtung optimierte. Die Forscher demonstrierten anschließend die Wirkung der beispiellosen chemischen Struktur an Mäusen.
Tatsächlich zeigten Mäuse im Versuch mit dem Molekül keine Suchterscheinungen. Auch Atemnot, die häufigste Todesursache bei Überdosierung morphiumhaltiger Medikamente, soll nicht auftreten. PZM21 ist stärker und länger analgetisch wirksam als Morphin.
„Diese Arbeit demonstriert die Leistung strukturbasierten Designs, die Entwicklung von Wirkstoffen mit optimaler Signalisierung und therapeutischen Eigenschaften voranzutreiben“, sagt Dr. Laurie Nadler, Leiterin des Neuropharmakologischen Programms des National Institute of Mental Health.
Anders als Opiate könnte der neue Wirkstoff nicht den Dopaminlevel heben, der für Gefühle wie Sucht, Freude und Schmerzen verantwortlich ist: „Der Dopaminkreislauf ist das primäre Belohnungssystem im Gehirn. Dessen Überbeanspruchung führt zur wiederholten Suche nach einem Belohnungsstimulus – in dem Fall Morphium“, sagt Dr. Brian Shoichet, der an der University of California in San Francisco forscht.
Zusätzlich zum klinischen Potenzial könnte PZM21 als „Werkzeug-Molekül“ vielversprechend in der Erforschung des zentralen Nervensystems sein, sagen die Forscher.
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