Bei der Fettleber-Hepatitis, medizinisch auch als nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) bezeichnet, handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Leber. Experten vermuten, dass die Anzahl der Betroffenen in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird, eine medizinische Behandlungsmöglichkeit gibt es bisher nicht. Das könnte sich bald ändern: In einer Phase-III-Studie konnte Obeticholsäure positive Ergebnisse erzielen, es gibt jedoch auch Kritikpunkte.
Bei Obeticholsäure handelt es sich um ein synthetisches Analogon der Gallensäure Chenodesoxycholsäure. Sie wirkt als selektiver Agonist am Farnesoid-X-Rezeptor, welcher das Gleichgewicht der Gallensäuren reguliert. Bei einem Überschuss wird er aktiviert, um den Abbau zu verstärken und die Synthese zu verlangsamen. Außerdem hat er Einfluss auf den Glukose- und Lipidmetabolismus, sowie Entzündungsprozesse.
Durch verschiedene Lebensgewohnheiten kann es zu einer sogenannten „Fettleber“ kommen: Übergewicht, Alkohol, Medikamente oder Diabetes können wesentliche Risikofaktoren darstellen. Es kommt schließlich zu einer vermehrten Fettanlagerung in den Leberzellen. Meist ist eine Fettleber nicht gefährlich, entzündet sie sich jedoch, kann es zu Komplikationen kommen. Man unterscheidet bei diesen Entzündungen die durch Alkohol bedingte alkoholische Steatohepatitis (ASH) und die durch andere Ursachen ausgelöste nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH). Beide Entzündungen können langfristig zu einer Zirrhose führen. Eine NASH erhöht zudem das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen.
Typische Symptome einer solchen Entzündung sind Druckgefühl im rechten Oberbauch, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Bei einer Blutuntersuchung zeigen sich zudem erhöhte Leberwerte. Bisher kann die Erkrankung nicht medikamentös behandelt werden: Es wird versucht die Ursache zu ermitteln und diese auszuschalten. Im Idealfall kann sich die Leber so wieder regenerieren. Gewichtsreduktion und Alkoholabstinenz tragen einen wesentlichen Teil zur Genesung bei. Bald könnte es jedoch eine erste medikamentöse Behandlungsoption geben.
Denn die Obeticholsäure konnte in einer Phase-III-Studie bisher gute Ergebnisse erzielen: Sowohl Fibrose wie auch Krankheitsaktivität und Laborwerte konnten signifikant reduziert werden. Auf Dauer sei dadurch ein klinischer Nutzen zu erwarten, schreiben die Autoren. Bereits in einer vorherigen Studie konnten histologische Schlüsselparameter der NASH gebessert werden. Zur Behandlung der primären biliären Cholangitis – einer progressiven autoimmunen Lebererkrankung – ist die Substanz bereits zugelassen.
Die jetzt publizierte erste Analyse nach 18 Monaten umfasst mehr als 900 Patienten, die randomisiert zu je einem Drittel täglich 25 mg oder 10 mg Obeticholsäure oder Placebo erhielten. Alle Teilnehmer der noch laufenden Studie stammen aus 332 Therapiezentren in 20 Ländern weltweit. Für bedeutsam halten die Forscher vor allem den antifibrotischen Effekt, weil er erfahrungsgemäß der Auflösung von NASH vorangehe: 23 Prozent der Patienten mit der höheren Dosierung und 18 Prozent derer mit der geringeren Dosierung konnten einen Rückgang der Fibrose um wenigstens einen Stärkegrad ohne Verschlechterung der NASH verzeichnen.
Außerdem verringerten sich dosisabhängig die Transaminasen, welche einen Marker für Leberschäden darstellen: Drunter Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST) und Gamma-Glutamyltransferase (GGT). Der zweite Primäre Endpunkt wurde bisher jedoch verfehlt: Es sollte kein Kennzeichen von NASH mehr nachweisbar sein und die Fibrose sich zugleich nicht verschlimmert haben. Dies war jedoch nur bei wenigen Teilnehmern der Fall – wesentliche Unterschiede zwischen Verum und Placebo gab es in diesem Punkt nicht.
Insgesamt wurde die Obeticholsäure gut vertragen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählte Juckreiz: Er trat bei 51 Prozent der Patienten mit 25 mg, bei 28 Prozent mit 10 mg und 19 Prozent mit Placebo auf. Obeticholsäure wurde in der Studie jedoch auch kritisch betrachtet: Denn unter der Therapie mit der Substanz wegen primärer biliärer Cholangitis hatten sich 19 Todesfälle ereignet. Jedoch sei dies vermutlich auf eine ungeeignete Dosierung zurückzuführen, erklärten die Autoren.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Anstieg der LDL-Werte unter Obeticholsäure in den ersten Behandlungsmonaten: Mit der hohen Dosis von 25 mg war ein Anstieg von etwa 24 mg/dl zu verzeichnen. Deshalb wurden viele der Teilnehmer mit einer Statintherapie behandelt – bei der hohen Dosierung war es gut die Hälfte. Da Fettleber-Erkrankungen sowieso mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko einhergehen, könnten die erhöhten LDL-Werte ein zusätzliches Risiko darstellen. Die Patienten der Verum-Gruppe nahmen durchschnittlich nur etwa 2 Prozent ab – zu wenig, um eine Besserung der Entzündung und Fibrose zu erreichen. Denn dafür sind etwa 8 bis 10 Prozent Gewichtsverlust notwendig.
Trotz der Kritikpunkte gehen die Forscher davon aus, dass Obeticholsäure für die NASH-Therapie in Zukunft zugelassen werden könnte. Denn das Potenzial sei groß: Etwa ein Fünftel der Menschen mit nicht-alkoholischer Fettleber entwickelt eine NASH – diese wiederum geht bei rund 10 bis 20 Prozent in eine Fibrose über. Modellrechnungen zufolge werden Lebererkrankungen im Endstadium als Folge von NASH in den beiden nächsten Jahrzehnten um das Zwei- bis Dreifache zunehmen.
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