OB-1 verhindert neuropathischen Schmerz Nadine Tröbitscher, 09.01.2018 09:10 Uhr
Leichteste Berührungen können bei Patienten mit Nervenverletzungen und Erkrankungen wie diabetischer Neuropathie Schmerzen auslösen. Lokalanästhetika betäuben das umliegende Gewebe und nehmen dadurch wichtige Reizwahrnehmungen. Forschern ist es gelungen, eine neue Substanz zu finden, die die Reizweiterleitung über einen Ionenkanal im Nervensystem hemmt.
Die menschliche Haut besitzt molekulare Sensoren, über die sehr leichte Berührungen detektiert werden. Zuständig für die Weiterleitung ist der Ionenkanal Piezo 2, ein winziges Ventil in der Membran der Nervenzellen. Ist der Ionenkanal geöffnet, gelangen elektrisch geladenen Teilchen hindurch und können in der Zelle ein elektrisches Signal auslösen, das dann verstärkt und an das Gehirn weitergeleitet wird.
Der neue Wirkstoff OB-1 hemmt einen Ionenkanal im Nervensystem, der für die Wahrnehmung leichten Drucks verantwortlich ist. Durch Injektion von OB-1 konnte die Wirkung an Mäusen belegt werden: Erkrankten Mäusen wurde OB-1 in die Pfote injiziert, über einen Berührungsreiz wurde das Schmerzempfinden getestet. Erkannte die Maus den Impuls, bekam sie eine Belohnung. Elektrochemische Messungen konnten bestätigen, dass Piezo 2 geschlossen blieb.
Die Forscher konnten belegen, dass Piezo 2 von dem Protein Stoml 3 moduliert wird. Der neu entdeckte Wirkstoff verhindert das Zusammenlagern mehrerer Proteine und hemmt deren Wirkung auf Piezo 2 – der Ionenkanal bleibt geschlossen. Elektrisch geladene Teilchen können den Kanal nicht passieren und ein Reiz bleibt aus.
Diese Unempfindlichkeit ist reversibel; die normale Empfindlichkeit kehrt zurück. Die Substanz dämpft die Wahrnehmung des Schmerzes, ohne andere wichtige Signale auszuschalten, so die Forschungsergebnisse an den Mäusen.
In einem Wirkstoffscreening von etwa 35.000 chemischen Stoffen wurde OB-1 herausgefiltert. Kann die Wirkung auf den Menschen übertragen werden, könnten die Krankheitssymptome von Diabetes und Nervenverletzungen gezielt behandelt werden. Die Weiterentwicklung des Wirkstoffes werde noch lange dauern, irgendwann könne aber eine Studie an menschlichen Probanden durchgeführt werden.
Das Forscherteam stammt vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, der Charité und dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Zusammenarbeit mit der Screening Plattform EU Openscreen.