Nutzenbewertung

G-BA: Dreimal Zusatznutzen

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Berlin -

Gleich fünf Arzneimittel hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Anfang Februar zu bewerten. Für die Krebsmedikamente Opdivo (Nivolumab) und Keytruda (Pembrolizumab) entschied das Gremium auf einen Zusatznutzen. Auch Boehringer Ingelheim kann sich über eine positive Bewertung von Spiolto Respimat (Olodaterol/Tiotropium) freuen. Das Antiemetikum Akynzeo (Netupitant/Palonosetron) hingegen konnte ebenso wenig überzeugen wie die neue Insulin-Fixkombination Xultophy (Insulin degludec/Liraglutid).

Im Oktober 2015 hatte Opdivo (Nivolumab) bereits für Patienten mit schwarzem Hautkrebs einen beträchtlichen Zusatznutzen bescheinigt bekommen. Jetzt folgt die Bewertung für ein weiteres Anwendungsgebiet: Auch für Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) nach Chemotherapie sieht der G-BA positive Effekte und bescheinigte nun abschließend einen beträchtlichen Zusatznutzen für Patienten, die zuvor mit Docetaxel vorbehandelt worden waren.

Grundlage für die Bewertung war eine klinische Vergleichsstudie zwischen Nivolumab und Docetaxel mit 272 eingeschlossenen Patienten. Für das Gesamtüberleben zeigte sich in klinischen Studien ein signifikanter Vorteil gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Weitere Endpunkte der Studie, darunter die gesundheitsbezogene Lebensqualität, konnten die Anforderungen der Gutachter nicht erfüllen: Ein Zusatznutzen wurde für diese Teilbereiche nicht festgestellt.

Opdivo ist seit Juni zur Behandlung des schwarzen Hautkrebses zugelassen. Einen Monat später folgte die Zulassung für NSCLC. Nivolumab ist der erste Vertreter der Klasse der PD-1-Hemmer (Programmed Cell Death 1 Protein). PD-1 wird auf Immunzellen exprimiert; bindet der Rezeptor an bestimmte Liganden auf der Tumorzelle, kommt es zur Inaktivierung. Der Tumor wird nicht angegriffen.

Pembrolizumab ist nach Nivolumab der zweite Vertreter der PD1-Rezeptor- Antagonisten auf dem Markt. Keytruda soll bei nicht resezierbarem oder metastasierendem Melanom eingesetzt werden. Für vorbehandelte Patienten, die nach Standardtherapie weiterer Behandlung bedürfen, besteht im Vergleich zu Ipilimumab der Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Schwere Nebenwirkungen und Therapieabbrüche traten unter Keytruda-Behandlung erst später auf.

Für nicht vorbehandelte Patienten sieht der G-BA immerhin für die Behandlung von Tumoren ohne BRAF-V600-Mutation einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen. Damit korrigiert das Gremium die Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach oben. Nicht vorbehandelte Patienten mit der Mutation profitieren nach Ansicht des G-BA nicht. Ein Zusatznutzen gilt hier als nicht belegt.

Bemängelt wurde allerdings, dass in der vorgelegten Studie im Vergleich zur Zulassung eine zu hohe Dosierung gewählt worden war. Für die Bewertung der Nebenwirkungsrate konnten die Daten dennoch verwendet werden. Eine niedrigere Dosierung gehe in der Regel auch mit niedrigeren Nebenwirkungsraten einher, sodass die Daten aus der Studie eher zum Nachteil für den Hersteller seien, so der G-BA.

Die Wirkstoffkombination Tiotropium/Olodaterol ist seit August 2015 in Deutschland auf dem Markt. Boehringer vertreibt Spiolto Respimat als Erhaltungstherapie zur Symptomlinderung bei erwachsenen Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD).

Für Betroffene mit COPD ab einem mittleren Schweregrad sieht der G-BA einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen. Etwas weniger profitieren Patienten mit schwererer COPD mit mindestens zwei Exazerbationen pro Jahr. Für diese Gruppe wird daher lediglich ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen bescheinigt. 
Als zweckmäßige Vergleichstherapie waren je nach Patientenkollektiv entweder Tiotropium allein oder eine Kombination aus Tiotropium mit inhalativen Cortocosteroiden festgelegt worden.

Hauptinhaltsstoff von Spiolto Respimat ist das Bronchospasmolytikum Tiotropium. Nach Aussage des Herstellers wird dessen Wirkung durch den schnell und ultralang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) Olodaterol zusätzlich verbessert.

Das Antiemetikum Akynzeo von Helsinn Birex fiel hingegen durch: Schon das IQWiG hatte bemängelt, dass die eingereichten Studien nicht passend für alle beantragten Indikationsstellungen seien. In den Studien wurde das Produkt nur für die stark emetogene Chemotherapie eingesetzt. Dementsprechend könne für die mäßig emetogene Chemotherapie keine Bewertung durchgeführt werden. Lediglich im Bereich der Nebenwirkungen zeigten sich geringe Vorteile gegenüber der Vergleichstherapie, so die Gutachter. Dies reiche aber in der Gesamtschau nicht für einen Zusatznutzen aus. Dieser Einschätzung folgte der G-BA.

Akynzeo ist seit Mai zugelassen und wird zur Vorsorge vor akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen bei hoch emetogener, auf Cisplatin basierender Chemotherapie sowie bei mäßig emetogener Chemotherapie eingesetzt. Netupitant ist ein NK1-Rezeptor-Antagonist, Palonosetron ist ein 5-HT3-Rezeptor-Antagonist. 5-HT3-Rezeptoren stimulieren selektiv die emetische Reaktion. Die Zugabe von Netupitant zu Palonosetron führt daher zu einer verbesserten Wirksamkeit. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Verstopfung und Müdigkeit. In Deutschland wird das Mittel von Riemser vertrieben.

Auch die Insulin-Kombi Xultophy ist vor dem G-BA gescheitert. Im Juni 2015 hatte Novo Nordisk für seine Fixkombination die Zulassung für ein neues Anwendungsgebiet erhalten. Seitdem kann es gemeinsam mit mit oralen blutzuckersenkenden Arzneimitteln eingesetzt werden, wenn diese Mittel in Kombination mit einem GLP-1-Rezeptor- Agonisten den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend regulieren. Gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie mit Metformin und Humaninsulin sah der G-BA jedoch keinen Zusatznutzen. Es seien keine relevanten direkt vergleichenden Studien vorgelegt worden. Zudem sei die Evidenzrecherche des Herstellers nicht geeignet gewesen, die komplette Studienlage zu erfassen.

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