Novartis stellte auf der Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN) in Philadelphia ein neues digitales Tool aus der Phase-III-Studie „Expand“ vor. Auch neue Studienergebnisse zum Wirkstoff Siponimod (Mayzent) wurden erläutert: Die EU-Zulassung wird Ende des Jahres erwartet, in den USA erhielt Novartis im März 2019 die Markterlaubnis.
Das neue, algorithmusbasierte, digitale „MS Progression Discussion Tool“ (MSProDiscuss) soll die Interaktion zwischen Arzt und MS-Patient erleichtern und somit dazu beitragen, der Progression vorzugreifen. Viele Patienten gehen von der schubförmig-remittierenden MS (RRMS) zur sekundär progredienten MS (SPMS) über. Die Diagnose der SPMS ist schwierig: Eine rechtzeitige Diagnose kann jedoch dazu beitragen, irreversible Schäden durch Überprüfung und Anpassung der aktuellen Therapie zu vermeiden. Die neuen Studienergebnisse unterstützen die Validität von MSProDiscuss zur Bewertung erster Anzeichen für eine Progression in der klinischen Praxis.
Getestet wurde das Tool von Neurologen in den USA, Kanada und Deutschland. In der Studie beantworteten 198 Patienten eine Reihe statistisch gewichteter Fragen, die auf ihren Erfahrungen in den letzten sechs Monaten basierten. Die Fragen zielten darauf ab, Informationen über Symptome und Auswirkungen auf das tägliche Leben zu gewinnen. Daraus wurde eine visuelle Ampel-Auswertung erzeugt, die die Ärzte nutzen konnten, um mit den Patienten über das Ausmaß der Krankheitsprogression zu sprechen.
Die Ergebnisse zeigten, dass MSProDiscuss in der Lage war, mit hoher Sensitivität und Spezifität zwischen RRMS- und SPMS-Patienten zu unterscheiden und damit auch über Patienten im Übergang zu informieren. MSProDiscuss befindet sich in der Endphase der Entwicklung und wird in mehreren US-Zentren bereits als Pilot getestet. Ein weltweiter Einsatz ist ab Anfang 2020 geplant. Das Tool wird auf Neuro-Compass, einem unabhängigen Schulungs-Portal für MS-Patienten, bereitgestellt und kann über den Link www.msprodiscuss.com aufgerufen werden. MSProDiscuss wurde mit Adelphi Value auf Basis eines gemischten Methodenansatzes entwickelt und von Novartis finanziert.
Die „Expand-Studie“ untersuchte die Wirkung von Siponimod auf die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit durch den sogenannten „Symbol Digit Modalities Test“ (SDMT). Die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit wirkt sich auf die täglichen Aktivitäten der Patienten aus, wie zum Beispiel Erinnerung, Abrufen erlernter Tätigkeiten, Finden von Wörtern und Verarbeiten von Informationen. Die Abnahme dieser Geschwindigkeit ist oft das erste auffällige Zeichen für einen Abbau der kognitiven Funktionen bei MS.
Die Studie zeigte für Siponimod bei Patienten mit SPMS einen signifikanten Vorteil auf die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit. Außerdem erzielte der Wirkstoff im Vergleich zu Placebo eine höhere Wirksamkeit bei einer frühzeitigen Behandlung im Krankheitsverlauf. Ein signifikant höherer Anteil der mit Siponimod behandelten Patienten zeigte eine nachhaltige Verbesserung im SDMT gegenüber den Patienten unter Placebo. Außerdem zeigte Siponimod einen Vorteil hinsichtlich der Verzögerung der Abnahme im SDMT bei Patienten mit weiter fortgeschrittener Erkrankung.
Siponimod ist ein Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator der nächsten Generation. Der Arzneistoff bindet selektiv an die S1P1- und S1P5-Rezeptoren. Wie Fingolimod wirkt Siponimod als funktioneller Antagonist am S1P-Rezeptor der Lymphozten und blockiert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Die Folge ist eine entzündungshemmende Wirkung. Außerdem kann Siponimod direkt an die S1P1- und S1P5-Subrezeptoren auf Oligodendrozyten und Astrozyten im zentralen Nervensystem binden und so Entzündungen verhindern und Re-Myelinisierung fördern.
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