Notfallpens

Wespen bringen Lieferengpass Maria Hendrischke, 02.09.2015 08:08 Uhr

Berlin - 

Nach Viren und Pollen kamen die Insekten. Die lang anhaltende Hitze hat in diesem Sommer für eine ausgeprägte Wespenplage gesorgt. Menschen, die auf Stiche eine starke allergische Reaktion zeigen, sollten ein Notfallset mit sich führen, wenn sie sich draußen aufhalten. Wegen der extremen Nachfrage sind Autoinjektoren mit Adrenalin knapp geworden.

Wespen- und Bienenstiche können neben Lebensmitteln wie Erdnüssen gefährliche allergische Schocks verursachen, gegen die Adrenalin gespritzt wird. In diesem Sommer war die Nachfrage nach den Fertigpens besonders hoch: Allein im Juli wurden nach Zahlen von IMS Health insgesamt 35.900 Autoinjektoren abgegeben – 56 Prozent mehr als im Juli 2014. Bereits im Juni hatte die Nachfrage 22 Prozent über dem Vorjahresmonat gelegen. Seit Jahresbeginn wurden 125.000 Packungen verkauft, eine Steigerung von 16 Prozent.

Marktführer ist Meda mit Fastjekt. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Engpässe; der Fertigpen konnte tageweise nicht geliefert werden. Grund sei eine unerwartet hohe Nachfrage gewesen, so eine Sprecherin.

Fastjekt wird in den USA von Mylan hergestellt und seit 2011 in Deutschland von Meda als Lizenzprodukt vertrieben. In anderen Ländern, etwa in Österreich, ist das Präparat unter dem Namen Epipen auf dem Markt. Es gibt zwei Dosierungen: Erwachsene mit einem Körpergewicht von mindestens 30 Kilo bekommen 0,3 mg; Kinder die Hälfte.

Bei Jext hat es nach Angaben des Herstellers Alk Abelló keine Lieferengpässe gegeben. Das Präparat wird in Spanien hergestellt und ebenfalls seit 2011 in Deutschland vertrieben. Auch Emerade sei durchgängig verfügbar gewesen, heißt es von Bausch + Lomb. Der Hersteller hatte das Produkt erst im Juni 2014 auf den deutschen Markt gebracht; es wird in Schweden produziert.

In Wirkstoff und Dosierung sind die angebotenen Präparate identisch; allerdings unterscheidet sich die Handhabung, daher ist eine produktspezifische Schulung vor der Anwendung notwendig. Das „Expertenforum Anaphylaxie“ warnte daher kürzlich davor, Autoinjektoren für Rabattverträge auszuschreiben. Damit würden Menschenleben riskiert.

Etwa 3,5 Prozent der Deutschen, also fast drei Millionen, reagieren auf Insektengifte von Bienen und Wespen mit einer starken allergischen Reaktion, in schlimmen Fällen sogar mit einem allergischen Schock, einer Anaphylaxie. Das kann tödlich enden: Pro Jahr sterben knapp 20 Personen infolge eines Stichs – die Dunkelziffer könnte noch höher liegen. Etwa 3000 Personen müssen pro Jahr vom Notarzt versorgt werden. Für den Notfall sollten Betroffene daher ein Set mit einer Adrenalinspritze bei sich haben.

Die Injektion wirkt innerhalb von wenigen Minuten; sie stabilisiert den Kreislauf und erleichtert die Atmung. Daneben wirkt das Präparat auch gegen allergische Reaktionen im Magen- und Darmtrakt sowie auf der Haut.

Zu einem kompletten Anaphylaxie-Notfallset gehören darüber hinaus ein Antihistaminikum und Cortison, die ebenfalls gegen die körperlichen Folgen wirken, nicht aber gegen Atemnot oder Kreislaufkrankheiten.

Gegen eine Insektengift-Allergie empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Hyposensibilisierung. Nach der Immuntherapie sind 90 Prozent der Behandelten beschwerdefrei. Ansonsten gilt es, Wespenstiche zu vermeiden: Es sollte Ruhe bewahrt werden, wenn sich die Insekten nähern. Während der Wespenzeit sollte tagsüber nicht draußen gegessen werden, um die Tiere nicht anzulocken.