Pille danach: Vorbereiten für den OTC-Switch Julia Pradel, 07.01.2015 10:43 Uhr
Beim französischen Hersteller HRA Pharma rechnet man fest mit dem OTC-Switch für EllaOne (Ulipristal) und PiDaNa (Levonorgestrel). Die Freigabe für das europaweit zugelassene Präparat durch die EU-Kommission erwartet der Hersteller bereits ab März. Im Januar hat HRA daher seinen Außendienst verstärkt.
Der Hersteller hat den OTC-Switch seit langem vorbereitet – immerhin wartet man bei HRA schon seit anderthalb Jahren auf die Freigabe der Notfallkontrazeptiva. Bereits seit zwei Jahren schickt HRA Außendienstmitarbeiter – vier sind direkt beim Hersteller angestellt, zwölf bei Marvecs – nicht nur zu Gynäkologen, sondern auch in Apotheken.
Außerdem bietet der Hersteller Schulungen für PTA und Apotheker an. „Schon jetzt gibt es zunehmend Anfragen aus Apotheken“, so Deutschlandchef Klaus Czort. Nach dem OTC-Switch dürften es noch mehr werden. HRA geht davon aus, dass sinnvollerweise beide Wirkstoffe zeitgleich aus der Rezeptpflicht entlassen werden.
Der OTC-Switch ist für ein vergleichsweise kleines Unternehmen wie HRA eine besondere Herausforderung. Einen Außendienst, wie er für diese Ausnahmesituation eigentlich nötig wäre, kann der Hersteller nicht stemmen. „Wir haben weder die Kapazitäten noch die Ressourcen“, erklärt Czort. Und weiter: „Eine Investition in die Zukunft können wir heute noch nicht leisten.“
Um Apothekern nach dem OTC-Switch dennoch die nötige Hilfestellung geben zu können, plant HRA zunächst ein Call-Center als Interimslösung. Dieses soll die erste Welle an akuten Anfragen auffangen. Die Mitarbeiter sollen – genau wie die Außendienstmitarbeiter – über das medizinische Team des Herstellers ausgebildet werden und den Apotheken besonders bei Fragen zur Beratung helfen. Für medizinische Fragen gibt es bereits heute ein unabhängiges Call-Center.
Darüber hinaus könnte es auch zertifizierte Online- und Print-Schulungen für Apothekenmitarbeiter geben, die über das Call-Center angeboten werden sollen. „Für unsere Verhältnisse sind wir extrem gut vorbereitet“, findet Czort.
Beim Marketing setzt HRA ganz klar auf das modernere Präparat. Kurz vor dem Eisprung habe EllaOne eine höhere Sicherheit als das Levonorgestrel-Präparat, erklärt Czort. Bei Gynäkologen sei Ulipristal daher Standard: Insgesamt entfallen rund 60 Prozent des Absatzes auf EllaOne und 40 Prozent auf PiDaNa, bei den Gynäkologen liegt das Verhältnis bei 70 zu 30 Prozent. Ziel des Außendienstes sei es, für EllaOne zu werben – gerade bei Apothekern, die zum Teil Angst vor der Verantwortung hätten.
HRA rechnet im kommenden Jahr mit einem Absatzplus von 50.000 bis 100.000 Tabletten allein in Deutschland. Derzeit werden pro Jahr rund 475.000 Packungen abgegeben. Die Schätzung beruht Czort zufolge auf den Erfahrungen aus anderen Ländern.
Einen Hauptgrund für den Anstieg sieht er darin, dass viele Frauen bislang gar nicht wissen, dass es die „Pille danach“ gibt und wann eine Risikosituation vorliegt. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt es zwei bis vier Millionen Situationen im Jahr, in denen Notfallkontrazeptiva genommen werden sollten. Der OTC-Switch bringt Czort zufolge bei Verbrauchern ein besseres Wissen zu den Risikosituationen mit.
Eine offensive Werbung bei Kunden oder das Drehen an der Preisschraube lehnt Czort ab. Ziel sei, mit den Apotheken zusammenzuarbeiten und bei den Patientinnen das Wissen um die „Pille danach“, Risikosituationen und die Beratung in der Apotheke zu stärken.
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