In diesem Jahr wurde laut Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) noch keine PUMA-Zulassung (Paediatric Use Marketing Authorisation) beantragt. In den letzten zwölf Jahren wurden nur sechs PUMA-Zulassungen beantragt und ausgesprochen.
Ziel der EU-Verordnung zu Kinderarzneimitteln im Jahr 2007 war es, die Arzneimittelversorgung von Kindern zu verbessern: Seitdem wurden jedoch nur sechs PUMA-Zulassungen beantragt und ausgesprochen. „Das heißt, Ärzte müssen Kindern nach wie vor viele bekannte Arzneimittel 'off label' verordnen, also außerhalb ihres zugelassenen Anwendungsgebietes“, so Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH und Mitglied des Vorstandes der gemeinnützigen „Initiative Arzneimittel für Kinder" (IKAM). Das sei eine Grauzone sowohl für Ärzte als auch für ihre Patienten: Denn die Ärzte müssten dadurch Arzneimittel anwenden, die an Kindern nicht geprüft wurden. Kinder würden deshalb zum Beispiel mit einer nicht passgenauen Dosierung behandelt, erklärt Kroth.
Unter einer PUMA-Zulassung versteht man eine nachträgliche Zulassung eines für Erwachsene bereits auf dem Markt befindlichen Produktes für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen. Obwohl es sich also nicht um ein Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff handelt, ist eine PUMA-Zulassung faktisch eine Neuzulassung und muss das Verfahren der frühen Nutzenbewertung durchlaufen. Das Risiko keinen Zusatznutzen bescheinigt zu bekommen ist groß. Somit entscheiden sich Unternehmen oft im Vorfeld gegen die Entwicklung eines dringend benötigten Kinderarzneimittels. „Solche Entscheidungen führen dazu, dass speziell für Kinder entwickelte Arzneimittel unwirtschaftlich werden. Damit könnte Deutschland bei innovativen Kinderarzneimitteln mit PUMA-Charakter in Zukunft leer ausgehen“, fürchtete auch Kroth.
In diesem Jahr wurde bislang noch keine solche Zulassung beantragt. Das geht aus einer aktuellen Statistik der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hervor. Oftmals sehen sich pharmazeutische Unternehmer mit hohen regulativen und wirtschaftlichen Hürden konfrontiert. Der Gesetzgeber gewährt für die pädiatrische Darreichungsform zehn Jahre Unterlagenschutz. „Das gleicht die hohen Kosten für pharmazeutische Unternehmer aber nicht annähernd aus, da muss man dringend nachbessern“, fordert Kroth.
Zum einen seien die Forschung und Entwicklung von Kinderarzneimitteln teuer und aufwendig. Zum anderen würde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zum Beispiel der Entwicklung einer kindgerechten Darreichungsform oft keinen Zusatznutzen attestieren, weil es sich ja um einen bekannten Wirkstoff handele. Damit aber würden die Krankenkassen den Entwicklungsmehraufwand nicht angemessen anerkennen und erstatten.
Kroth bilanziert: „Das ist ein echtes Dilemma für die Hersteller: Sie würden gerne helfen, dürfen aber als Marktteilnehmer betriebswirtschaftliche Überlegungen nicht außer Acht lassen.“ Gerade weil PUMA-Arzneimittel etablierte Wirkstoffe enthalten, sollten sie sich keiner zusätzlichen Nutzenbewertung stellen müssen findet er. „Ähnlich wie bei den Orphans – Arzneimitteln zur Behandlung seltener Erkrankungen – sollte der Zusatznutzen bereits mit der Zulassung als erwiesen gelten.“
Dass gerade Kinder und Jugendliche angemessen medizinisch versorgt werden, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Diese Lücke müsse man endlich schließen, so Kroth. In der Pflicht sieht er vor allem den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), da dieser oft keinen Zusatznutzen attestiere. Zum Weltkindertag am 20. September appelliert der BAH an Politik und Selbstverwaltung, diese Hürden abzubauen und damit Kindern eine individuelle Arzneimitteltherapie zu ermöglichen.
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