Forschungsprojekt

Neurologische Erkrankungen durch Nanoplastik?

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Berlin -

Der Einfluss von Nanoplastik auf die Gesundheit wird seit einiger Zeit heiß diskutiert. Wissenschaftler vom Limes-Institut der Universität Bonn haben sich das Ziel gesetzt, in den kommenden fünf Jahren zu erforschen, welchen Einfluss Plastik auf die Entwicklung neurologischer Erkrankungen hat. Das Projekt „NanoGlia“ erhielt die Auszeichnung „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrats, welche mit einer Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro verbunden ist.

In einer Vielzahl von Ökosystemen wurde bereits Mikro- und Nanoplastik nachgewiesen. Doch die Verschmutzung durch kleinste Kunststoff-Teilchen ist nicht nur ein Umweltrisiko: „Es wird darüber spekuliert, dass sie in das Nahrungsnetz eindringen und von dort aus durch die Nahrungskette vom Menschen aufgenommen werden“, erklärt Dr. Elvira Mass, Leiterin des Forschungsprojektes. Das aufgenommene Nanoplastik steht im Verdacht vom Darm aus resorbiert zu werden und so in das Lymph- und Kreislaufsystem zu gelangen. Von dort aus könnte es die Blut-Hirn-Schranke überwinden und zu bisher nicht bekannten Schäden führen.

Ein wichtiger Teil der Untersuchungen stellen die sogenannten „Mikroglia“ dar: Es handelt sich dabei um wichtige Neuroimmunzellen, die eine Verteidigungsfunktion besitzen und Umweltveränderungen erfassen und auf sie reagieren. Unter anderem mithilfe von Tiermodellen wollen die Forscher untersuchen, welche Arten von Nanoplastik das Gehirn erreichen und dort von den Mikroglia aufgenommen wird.

Das Ziel: Es soll ermittelt werden, ob dies zu einer akuten oder chronischen Aktivierung der Immunzellen führt und dadurch neurologische Störungen ausgelöst werden. Hinweise darauf könnten Verhaltensänderungen sowie zelluläre und molekulare Veränderungen im Gehirn der Versuchstiere liefern, die nach der Verabreichung von Nanoplastik auftreten. Neben den Tiermodellen nutzen die Wissenschaftler viele neue Techniken, wie beispielsweise die Einzelzell-Sequenzierung, um die molekularen Mechanismen im Detail zu verstehen. „Dieses Projekt wird es uns ermöglichen, erst Erkenntnisse über die umweltbedingte Pathogenese neurologischer Erkrankungen zu gewinnen, die von Nanoplastik in unserer Umwelt ausgelöst werden kann“, sagte Mass.

Vor gut einem Jahr konnten Forscher einer Pilotstudie in Österreich erstmals Mikroplastik in acht menschlichen Stuhlproben nachweisen: Die Probanden im Alter zwischen 33 und 65 Jahren, die auf verschiedenen Kontinenten lebten und sich nicht kannten, führten demnach eine Woche lang ein Ernährungstagebuch und gaben anschließend die Probe ab. Alle Teilnehmer nahmen in dieser Zeit in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen zu sich. Die Mehrzahl von ihnen aß auch Fisch oder Meeresfrüchte, niemand ernährte sich ausschließlich vegetarisch.

Im Labor konnten neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachgewiesen werden: Am häufigsten fanden sich Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) in den Proben. Einen Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und einer Belastung mit Mikroplastik konnten die Wissenschaftler aufgrund der kleinen Probandengruppe nicht herstellen.

Mikroplastik gelangt unter anderem durch Autoreifen-Abrieb, Zerkleinerung von Bauschutt oder Kosmetika in die Umwelt, vielfach vor allem in Gewässer. Eine Studie im Auftrag von Chemiekonzernen, Kosmetikherstellern, Wasserverbänden, Abfallentsorgern und Hochschulen hat ermittelt, dass rund 330.000 Tonnen dieses primären Mikroplastiks pro Jahr in Deutschland freigesetzt werden. Sekundäres Mikroplastik entsteht dagegen durch Verwitterung und Zerfall großer Plastikteile. Das Wissen über Herkunft, Verbreitung und Folgen von Plastik in der Umwelt ist aber insgesamt noch sehr lückenhaft. Deshalb hat das deutsche Forschungsministerium ein großes Programm aufgelegt: 18 Projekte mit rund 100 Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Kommunen sollen ein Gesamtbild zeichnen, wie Kunststoffe produziert, eingesetzt, gehandelt und entsorgt werden.

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