Neues Antibiotikum besteht Phase-II-Studie APOTHEKE ADHOC, 30.10.2018 13:43 Uhr
Antibiotikaresistenzen sind eine zunehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Bei der Suche nach neuen Alternativen sind die Forscher auf Cefiderocol gestoßen. Das Cephalosporin weist eine breite Aktivität unter anderem gegen den Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa auf und ist einer Therapie mit der Fixkombination Imipenem/Cilastatin nicht unterlegen. Das berichten Wissenschaftler im renommierten Fachjournal „The Lancet Infectious Diseases”.
Cefiderocol ist ein neues Cephalosporin, das die Eigenschaft eines sogenannten Siderophors (Eisenträger) hat. Das Molekül ist wirksam gegen Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii, einschließlich Carbapenem-resistente Stämme. Die Forscher um Dr. Simon Portsmouth haben die Wirksamkeit und Sicherheit von Cefiderol gegen die Fixkombination Imipenem/Cilastatin untersucht.
Die multizentrische, doppelblinde Phase-II-Studie wurde weltweit in 67 Kliniken durchgeführt. Dabei wurden Erwachsene über 18 Jahren mit einer komplizierten Harnwegsinfektion mit oder ohne Pyelonephritis oder Patienten mit akuter unkomplizierter Pyelonephritis in die Untersuchung eingeschlossen. Die Patienten wurden zufällig im Verhältnis 2:1 in eine Gruppe randomisiert und erhielten entweder 2,0 g Cefiderocol (n = 300) oder 1,0 g Imipenem-Cilastatin (n = 148) alle acht Stunden für sieben bis 14 Tage. Die Antibiotika wurden intravenös appliziert. Patienten mit mehr als zwei Uropathogenen in der Urinkultur, einer fungalen Harnwegsinfektion oder einem Carbapenem-resistente Krankheitserreger wurden von der Studie ausgeschlossen.
Der primäre Endpunkt war die Kombination aus klinischen und mikrobiologischen Ergebnissen, die die Heilung betreffen. Diese Daten wurden zur Feststellung der Nichtunterlegenheit von Cefiderocol gegenüber der Standardbehandlung mit Imipenem/Cilastatin verwendet. Die primäre Wirksamkeitsanalyse wurde an einer modifizierten Intention-to-treat-Population durchgeführt, die alle randomisiert zugeteilten Personen umfasste, die mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhalten und ein gramnegatives Uropathogen in einer bestimmten Konzentration hatten.
Der Wirkstoff wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die Häufigkeit von unerwünschten Ereignisse wie Durchfall, Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen war in beiden Gruppen vergleichbar groß (41 vs. 51 Prozent in der Imipenem/Cilastatin-Gruppe). Der primäre Wirksamkeitsendpunkt wurde bei 73 Prozent der Patienten der Cefiderol-Gruppe erreicht. Zusammenfassend war die intravenöse Therapie von Cefiderocol im Vergleich zu Imipenem/Cilastatin zur Behandlung von komplizierten Harnwegsinfektionen bei Menschen mit multiresistenten gramnegativen Infektionen nicht unterlegen.
Die Wissenschaftler teilen außerdem mit, dass die neu gewonnenen Erkenntnisse die Grundlage für die Einreichung eines Zulassungsantrags bei der US-Gesundheitsbehörde FDA bilden werden. Das bestätigt der Hersteller der Substanz, das japanische Pharmaunternehmen Shionogi: „Die [...] Daten zeigen das Potenzial von Cefiderocol, insbesondere in einer komplizierten Patientenpopulation mit Komorbiditäten und einem größeren Risiko einer multiresistenten Infektion mit schwer zu behandelnden gramnegativen Bakterien”, so Dr. Tsutae Den Nagata, Leiter der medizinischen Abteilung. Nach der Zulassung werde Cefiderocol eine wichtige, neue Antibiotika-Option für Patienten sein, die möglicherweise nur sehr begrenzte Behandlungsmöglichkeiten hätten.
Nach Angaben des Herstellers hat der Arzneistoff einen neuartigen Wirkmechanismus: Das Cefiderocol-Molekül bindet Eisen-Ionen und wird über die bakteriellen Eisen-Transporter aktiv in die Bakterienzellen durch die äußere Membran transportiert. Dieser Mechanismus ermögliche es, höhere Konzentrationen des Arzneistoffs im periplasmatischen Raum zu erreichen, wo es dann an Rezeptoren binde und die Zellwandsynthese in den Bakterienzellen hemme.