1 µg mehr pro Tag: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in Kooperation mit den Ernährungsgesellschaften Österreichs und der Schweiz den Referenzwert für die tägliche angemessene Zufuhr von Vitamin B12 überarbeitet. Die Experten kamen Ende Januar zu dem Schluss: B12 ist nicht nur für Veganer essentiell.
Die Ernährungsexperten haben den abgeleiteten Schätzwert für die tägliche angemessene Zufuhr von Vitamin B12 für Erwachsene angehoben. Bislang lag dieser bei 3 µg – jetzt sollen 4 µg pro Tag aufgenommen werden. Der Schätzwert könne beispielsweise mit dem Verzehr von einem kleinen Glas Milch, einem Becher Jogurt, einem Ei und 60 g Camembert erreicht werden. Vitamin B12 ist für den menschlichen Körper essenziell, kann also nicht selbst gebildet werden. Magensäure und Verdauungsenzyme setzen das Vitamin aus der Nahrung frei, das mit Hilfe des Instrinsic-Faktors in den Dünndarm transportiert und von dort in Blut und Nervenzellen weitergeleitet wird.
Der lebenswichtige Nährstoff ist beispielsweise an Zellteilung, Blutbildung, DNA-Synthese, Abbau von Fett- und Aminosäuren sowie von Homocystein beteiligt. Ein Mangel zeigt sich in unspezifischen Symptome wie Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebslosigkeit oder Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und kommt oft erst viele Jahre später ans Tageslicht, wenn die Speicher in Leber, Muskeln und Herz aufgebraucht sind. Folgen eines Mangels können Blutarmut, neurologische und psychische Störungen sowie depressive Verstimmungen sein. Von einem Mangel spricht man bei Erwachsenen bei einem B12-Blutspiegel unter 120 bis 180 pmol/l (170 bis 250 pg/ml).
Eine ausreichende B12-Zufuhr kann durch die Nahrung gewährleistet sein. Dazu ist ein regelmäßiger Verzehr von Milch und Milchprodukten, Eiern, Fisch und Meeresfrüchten, Geflügel sowie magerem Fleisch unerlässlich. „Eine bedarfsdeckende Vitamin-B12-Zufuhr nur mit pflanzlichen Lebensmitteln ist nicht möglich“, schreibt die DGE. Veganer müssten den Nährstoff dauerhaft substituieren, um einem Mangel vorzubeugen, denn Vitamin B12 kommt nur in tierischen Lebensmitteln in ausreichenden Mengen vor. Daher nehmen auch Vegetarier teilweise zu geringe Mengen Vitamin B12 über die Nahrung auf.
Einen erhöhten Bedarf haben laut DGE auch Schwangere (4,5 µg) und Stillende (5,5 µg). Auch sie sollten gegebenenfalls einem Mangel mit Supplementen vorbeugen.
Weil sich der genaue Vitamin-B12-Bedarf nicht mit ausreichender Genauigkeit bestimmen lässt, erfolgt die Empfehlung der DGE nicht mehr als empfohlene Zufuhr, sondern als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr. Die Ableitung der Schätzwerte erfolgte auf Basis von Studien, in denen eine angemessene Zufuhr durch verschiedene Biomarker – Gesamt-Vitamin-B12 und Holo-Transcobalamin im Serum, Methylmalonsäure und Homocystein – bestimmt wurde. Die von der DGE empfohlenen Schätzwerte sind altersabhängig und nehmen mit steigendem Alter von 0,5 µg täglich im Alter zwischen 0 und vier Monaten auf 4,0 µg ab einem Alter von 13 Jahren zu.
Unabhängig von der B12-Zufuhr können laut DGE Magen-Darm-Erkrankungen wie Morbus Crohn oder eine Gastritis sowie die Einnahme von Arzneimitteln wie beispielsweise Protonenpumpenhemmer (PPI) zu einem Mangel führen. PPI wie Omeprazol, Pantoprazol und Esomeprazol sowie H2-Rezeptorblocker wie Ranitidin sind Magensäureblocker und stören so die B12-Aufnahme. Der Körper benötigt jedoch Magensäure, um das Vitamin aus der Nahrung freisetzen zu können. Die pH-abhängige Resorption über den Intrinsic-Faktor wird bei gehemmter Magensäuresekretion ebenfalls beeinträchtigt.
B12 ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Verbindungen mit einem Kobaltion im Zentrum. Das chemische Grundgerüst ist also gleich. Die sogenannten Cobalamine werden ausschließlich von Mikroorganismen gebildet, schreibt die DGE. Daher komme der Nährstoff in adäquater Menge und einer für den Menschen verfügbaren Form fast nur in tierischen Lebensmitteln vor. In pflanzlichen Lebensmitteln kann der Nährstoff durch bakterielle Gärung in Spuren enthalten sein. B12-Analoga seien in pflanzlichen Lebensmitteln wie Algen oder Sauerkraut enthalten, diese könnten jedoch nicht zu einer ausreichenden Versorgung beitragen. Im Gegenteil, die von ihnen verursachte Blockade der Transportsysteme könne die Versorgung gar zusätzlich negativ beeinflussen.
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