Neuer Biomarker für Präeklampsie Sandra Piontek, 06.12.2024 07:55 Uhr
Werden schwere Fälle einer Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) nicht behandelt, können sie aufgrund von Organschäden tödlich verlaufen. Symptome wie Bluthochdruck oder Ödeme sollten von der Schwangeren unbedingt ernst genommen und umgehend ärztlich behandelt werden. Wissenschaftler:innen konnten im Rahmen einer Studie zeigen, dass ein bestimmter Biomarker das spätere Auftreten einer Präeklampsie bereits vor den ersten klinischen Symptomen vorhersagen kann. „Dies stellt einen wichtigen Beitrag zur Frühdiagnostik dar“, so die Forscher:innen.
Die Präeklampsie ist der Hauptgrund für Erkrankungen und Sterblichkeit unter Schwangeren. Die hypertensive Erkrankung trifft etwa jede 20. Schwangere. Das Problem: Schwere Fälle der Präeklampsie können aufgrund von Organschäden unbehandelt tödlich verlaufen. Wichtige kardiovaskuläre Biomarker für die Vorhersage der Präeklampsie sind jedoch bislang nicht ausreichend untersucht, der Forschungsbedarf für entsprechende Diagnoseverfahren ist daher hoch.
Eine Präeklampsie zu diagnostizieren ist nicht leicht. Das liegt an den vielen unterschiedlichen Symptomen und Ausprägungen der Erkrankung. Deswegen muss eine Reihe von Untersuchungen vorgenommen werden.
Dr. Lucas Bacmeister, Arzt im Studienzentrum der Klinik für Kardiologie und Angiologie des Universitäts-Herzzentrums Freiburg, konnte belegen, dass sich hochsensitives kardiales Troponin I (hs-cTnI) als Biomarker auch für die Früherkennung dieser lebensbedrohlichen Erkrankung optimal eignet. Er erhielt dafür den Martina Grote-Wissenschaftspreis „Frauenherzen“ der Deutschen Herzstiftung. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Circulation“ veröffentlicht.
Potenzial zur Prävention
„Meine Ergebnisse zeigen, dass der hs-cTnI-Wert bei schwangeren Frauen einen kardiovaskulären Risikostatus widerspiegelt, der eine Präeklampsie begünstigt“, erklärt Bacmeister.
„Die Forschungsarbeit von Dr. Lucas Bacmeister und Kollegen trägt wesentlich zum besseren Verständnis von kardiovaskulären Biomarkern im Blut von Frauen in der Schwangerschaft bei. Zugleich haben die Erkenntnisse das Potenzial, zu einer frühzeitigen Prävention von ernsthaften Herz-Kreislauf-Komplikationen – insbesondere durch die Präeklampsie – bei schwangeren Frauen und ihrem ungeborenen Kind beizutragen“, erläutert der Kardiologe Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Im Rahmen der Studie analysierte der Wissenschaftler über 3700 Blutproben von mehr als 2200 schwangeren Frauen aus vier internationalen Patientenkohorten. Im Fokus lagen dabei die hs-cTnI-Werte im Blut. Zum Zeitpunkt der Blutentnahme wurde bei keiner der Teilnehmerinnen eine Präeklampsie vermutet oder diagnostiziert. „Durch die Analyse konnten wir zeigen, dass hs-cTnI das spätere Auftreten einer Präeklampsie bereits vor den ersten klinischen Symptomen vorhersagt“, so Bacmeister.
Verbesserung der Vorhersage
Die untersuchten Blutproben wurden von dem Forscher mit Biomarkern in bereits etablierten Vorhersagemodellen um den hs-cTnI-Wert ergänzt. „So hat beispielsweise ein Vorhersagemodell, das den Biomarker sFlt-1/PIGF, sogenannte mütterliche Faktoren und den hs-cTnI-Wert einschloss, in diesem Kontext einen Zusatznutzen geliefert“, erklärt der Forscher. „Weitere Analysen zeigten, dass die Hinzunahme von hs-cTnI jedes der korrespondierenden Vorhersagemodelle ohne hs-cTnI verbesserte, was insbesondere für die schwere Form der Präeeklampsie zu beobachten war.“
Dies führte zu einer „signifikanten Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit von Präeklampsie“, so Bacmeister. „Insbesondere bei der früh auftretenden schweren Form der Erkrankung.“ Das sei angesichts der Tatsache, dass bis zu 60 Prozent der früh auftretenden schweren Form der Präeklampsie durch rechtzeitige Prävention mit dem Blutverdünner ASS verhindert werden können, „von großer klinischer Relevanz.“