Neuer Ansatz: Eisen lindert Allergiesymptome Cynthia Möthrath, 15.07.2022 11:58 Uhr
Bei der Behandlung von Allergien kommen meist Antihistaminika zum Einsatz. Das Messerli Forschungsinstitut der MedUni Wien hat nun einen völlig neuen Therapieansatz zur ursächlichen Behandlung der Symptome herausgestellt. Dem Mikronährstoff Eisen wird dabei eine besondere Bedeutung zugesprochen.
„Mikronährstoffmängel können Entzündungen fördern und das Immunsystem besonders empfindlich gegenüber allergenen Stoffen machen“, erklären die Forscher:innen der MedUni Wien. Vor allem Eisenmangel signalisiere den Abwehrzellen Gefahr und führe zu einer erhöhten, übertriebenen Immunreaktion. In einer aktuellen Studie hat das Team untersucht, inwiefern sich diätetische Maßnahmen auf die Symptomatik bei Allergien auswirken können. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ veröffentlicht.
Allergie-Teufelskreis unterbrechen
Die Rede ist von einem regelrechten „Teufelskreis der Allergie“: „Ein hyperaktives Immunsystem versetzt den Körper in Alarmbereitschaft und hemmt die Aufnahme von Eisen – obwohl genau dieser Mikronährstoff zur Beruhigung der Überreaktion vermehrt gebraucht würde“, erklärt das Team. Mithilfe einer speziellen Lutschtablette soll der Mangel ausgeglichen werden. Die Tablette wurde nun erstmals in einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie untersucht. Sie basiert auf dem Molkenprotein Beta-Lactoglobulin von Kühen, welches als Träger für zahlreiche Mikronährstoffe fungiert.
Aufnahme über Lymphe statt Blut
„Durch diesen Träger erfolgt die Aufnahme statt über Blutgefäße über die Lymphe – also genau dort, wo Abwehrzellen vermehrt anzutreffen sind und die Mikronährstoffe gezielt aufnehmen können“, erläutert Studienleiterin Franziska Roth-Walter vom Messerli Forschungsinstitut. Eine Tablette enthält weniger als ein Milligramm Eisen – daher gilt sie nicht als klassisches Eisenpräparat. „Vielmehr ist der Mikronährstoff darin in einer Form enthalten, mit der die allergiebedingte Hemmung der Eisenaufnahme umgangen werden kann“, erklärt das Team.
Die Studienergebnisse zeigen, dass der Ansatz wirkt: Unter der Anwendung reduzierte sich die Symptomlast bei Birken- und Gräserpollenallergiker:innen deutlich. „Darüber hinaus verbesserten sich der Eisenstatus in den zirkulierenden Monozyten sowie die Werte der roten Blutzellen.“ Durch die sechsmonatige Einnahme in Kombination mit notwendigen Medikamenten konnte während der Hauptsaison der Birkenpollen eine 45-prozentige Reduktion der Symptome erreicht werden.
Alternative zur Hyposensibilisierung?
Die Methode könnte damit einen neuen ursächlichen Behandlungsansatz darstellen, welcher nicht nur die Symptome lindert, sondern auf die zugrundeliegende Überempfindlichkeit der Abwehrzellen gegenüber allergenen Stoffen einwirkt. Bislang gilt nur die spezifische Allergen-Immuntherapie (Hyposensibilisierung) als ursächliche Therapie: Dabei wird ein Allergen spezifisch gegen die jeweilige Allergie eingesetzt. „Die Versorgung der Abwehrzellen mit Mikronährstoffen über die Lutschtablette zeigte eine ähnlich starke Wirksamkeit, und zwar auf komplett Allergen-unabhängige und daher universelle Weise“, verdeutlicht Franziska Roth-Walter.