Post-Covid und Long-Covid

Neue S1-Leitlinie zu Coronafolgen

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Berlin -

Auch etwa eineinhalb Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie sind noch viele Fragen nicht abschließend geklärt. Dennoch muss es erste Handlungsempfehlungen geben, beispielsweise beim neuartigen Krankheitsbild Long-Covid. Verschiedene Fachgesellschaften haben deshalb eine S1-Leitlinie erarbeitet, die helfen soll.

Etwa 15 Prozent der Covid-Erkrankten leiden auch vier bis zwölf Wochen noch an einem oder mehreren Covid-bedingten Symptomen. Die Rede ist dann von Long-Covid oder dem Post-Covid-Syndrom. Zu Beginn war über dieses neuartige Erkrankungsbild noch nicht viel bekannt, nun hat ein interdisziplinäres Team seine Kompetenzen in einer Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vereint.

„Die Leitlinie versteht sich als klinisch-praktischer Leitfaden für die Diagnose und Therapie einer Post-Covid- oder Long-Covid-Erkrankung“, erklärt Professor Dr. Michael Pfeifer, Pastpräsident der DGP. Vor allem für Hausärzt:innen – die oft die erste Anlaufstelle sind – aber auch für Ärzt:innen unterschiedlicher Fachrichtungen, die im weiteren Behandlungsverlauf zu Rate gezogen werden, soll die Leitlinie Empfehlungen geben.

Probleme bei der Diagnosestellung

Dabei stelle bereits die Diagnose eine Herausforderung dar, erklärte Pfeifer. Denn Long-Covid sei nicht zwingend an einen schweren Verlauf gebunden. Oft komme es auch bei milden Verläufen zu Spätsymptomen. Schwierig sei zudem die große Vielfalt der Krankheitssymptome. „Wir haben es oft mit Beschwerden wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen oder einer extremen Abgeschlagenheit zu tun.“ Dabei sei die Abgrenzung psychischer und somatischer Symptome schwierig.

Die neue Leitlinie kann aufgrund der begrenzten Datenlage noch keine auf formaler Evidenz beruhenden Empfehlungen geben. „Vielmehr basiert sie auf dem informellen Konsens der beteiligten Experten“, erklärt die DGP. „Viele Fragen zu Diagnose und Therapie von Long-Covid sind noch offen“ – diese seien als Fragen in die Leitlinie mit aufgenommen worden.

Bislang wurden innerhalb kürzester Zeit insgesamt 18 Leitlinien zu Covid-19 erstellt – die meisten davon als S1-Leitlinie. Denn auf formaler Evidenz basierende S3-Leitlinien nehmen bis zu drei Jahre in Anspruch. Darauf verweist auch Dr. Monika Nothacker, stellvertretende Leiterin des Instituts für Wissenschaftliches Wissensmanagement der AWMF. Die Erstellung der neuen Leitlinie hat insgesamt nur dreieinhalb Monate benötigt. Sie soll künftig fortlaufend aktualisiert werden.

Long-Covid vs. Post-Covid

Wichtig war den Experten unter anderem, die Begriffe Long-Covid und Post-Covid eindeutig zu definieren: „Als Long-Covid-Syndrom wird demnach das Fortbestehen Covid-19-typischer Symptome über einen Zeitraum von vier Wochen nach der Infektion hinaus bezeichnet. Wenn Symptome über die Woche 12 hinaus bestehen, spricht man von einem Post-Covid-Syndrom.“

Die Behandlung kann ebenso komplex wie die Symptomatik sein, wie Frank Elsholz, Oberarzt und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin an der LungenClinic Grosshansdorf verdeutlichte: „Bei Patienten, die nach einem längeren Aufenthalt auf der Intensivstation zu uns kommen, besteht in der Regel ein vollständiger Verlust oder zumindest eine deutliche Einschränkung der Selbstständigkeit.“

Zum einen komme es zu Schäden durch die Erkrankung selbst – meist Beeinträchtigungen der Lungenfunktion. Hinzu komme in der Regel ein starker Muskelabbau mit weitgehendem Funktionsverlust von Rumpfmuskulatur, Armen und Beinen. Auch neurologische Symptome wie Gedächtnisstörungen und Konzentrationsverlust sind möglich. Eine Beatmung kann außerdem zu Schluck- und Sprachproblemen führen. Daher sei eine intensive und interdisziplinäre Betreuung in der Frührehabilitation notwendig.

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