Die Fachinformation Paracetamol-haltiger Arzneimittel soll angepasst werden, lautet der Beschluss des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Warnhinweise, Wechsel- und Nebenwirkungen sollen um das Risiko einer metabolischen Azidose mit erweiterter Anionenlücke aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose aktualisiert werden.
Der PRAC hat beschlossen, dass die Produktinformationen aller Paracetamol-haltigen Arzneimittel – sowohl Einzel- als auch Kombipräparate – angepasst werden sollen. Ursache ist ein bekannt gewordenes unerwünschtes Ereignis, das unter Paracetamol in therapeutischen Dosen über längere Zeit aber auch bei Überdosierung möglich ist: die metabolische Azidose mit erweiterter Anionenlücke (HAGMA) aufgrund von Pyroglutaminsäure-(5-Oxoprolin)-Azidose bei bestimmten Risikofaktoren wie beispielsweise schwere Nierenfunktionsstörung, Sepsis Glutathionmangel – beispielsweise durch chronischen Alkoholabusus – und bei gleichzeitiger Anwendung von Flucloxacillin.
Besteht der Verdacht auf HAGMA aufgrund von Pyroglutaminsäure-Azidose ist die Paracetamol-Gabe unverzüglich abzusetzen und eine engmaschige Überwachung, einschließlich der Messung von 5-Oxoprolin im Urin angezeigt. Zu den Symptomen einer metabolischen Azidose gehören unter anderem schwere Atembeschwerden mit tiefer schneller Atmung, Schläfrigkeit, Übelkeit und Erbrechen.
N-acetyl-p-benzochinonimin (NAPQI) ist der toxische Hauptmetabolit von Paracetamol. Glutathionvorräte in der Leber können den Metaboliten entgiften. Allerdings kann eine Überdosierung von Paracetamol eine Verminderung von Glutathionvorräten in der Leber zur Folge haben. Bei einer Intoxikation kommt N-Acetylcystein zum Einsatz, das den Cystein-Mangel ausgleichen soll.
Metabolische Azidosen mit erweiterter Anionenlücke werden in der Regel durch Laktatazidosen, Ketoazidosen sowie Intoxikationen mit Salicylsäure oder Alkoholen verursacht. Eine durch 5-Oxoprolin ausgelöste Azidose wird nur selten diagnostiziert. Diese kann entstehen durch die von Paracetamol verursachte Depletion von Glutathion, weil NAPQI irreversibel an Glutathion bindet. Außerdem wird für den Abbau von Paracetamol Cystein verbraucht. Cystein ist neben Glutamat und Glycin eine der drei Aminosäuren aus denen Glutathion besteht. Zudem hemmt Flucloxacillin den Abbau von 5-Oxoprolin zu Glutamat.
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