In Deutschland sind mehr als sechs Millionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt, jährlich werden es 300.000 mehr. Die Therapiekosten nehmen jährlich zu und auch der Stellenwert der einzelnen Arzneimittel verändert sich. Auf dem Vormarsch sind SGLT-2-Hemmer, die künftig weiter an Bedeutung gewinnen dürften. Das geht aus Zahlen des Marktforschungsunternehmens Iqvia hervor.
Schätzungen aus Abrechnungsdaten und Umfragen von Krankenkassen zufolge haben 7 bis 8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung die Diagnose Diabetes mellitus Typ-2. Für das Gesundheitssystem stellt die Volkskrankheit eine große finanzielle Belastung dar, nicht nur in Form direkter Kosten. Denn nicht oder nicht ausreichend therapierter Diabetes kann zu Neuro- , Retino- und Nephropathien, Arteriosklerose und darauf basierend Herzinfarkt sowie Schlaganfall führen. Diese Folgeerkrankungen sind mit indirekten Kosten wie Produktivitätsverluste am Arbeitsplatz, Krankheitstage oder Erwerbsunfähigkeit verbunden.
Die Ausgaben für Antidiabetika in Deutschland steigen stetig: Bezogen auf den Apothekenverkaufspreis abzüglich der Abschläge waren es nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens Iqvia 2014 rund 2,3 Milliarden Euro, in den zwölf Monaten bis Oktober 2017 waren es 3,8 Prozent mehr. Die aktuelle Zahl liegt nun bei rund 2,6 Milliarden Euro. Den größten Teil des Kuchens mit 54 Prozent bekommen Humaninsuline und Analoga. Rund ein Viertel der Ausgaben entfallen auf DDP-4-Inhibitoren, zu denen Sitagliptin sowie Saxagliptin gehören, und 8 Prozent auf GLP-1-Agonisten (Exenatid, Dulaglutid). 7 Prozent gehen auf SGLT-2-Hemmer (Dapagliflozin, Empagliflozin) und 5 Prozent auf Metformin zurück. Die verbleibenden 2 Prozent teilen sich die sonstigen Antidiabetika.
Für den Zeitraum von September 2016 bis Oktober 2017 wurde für Metformin ein Stillstand bei den Ausgaben verzeichnet, auch wenn das Arzneimittel aus der Gruppe der Biguanide gemäß Leitlinien die erste Wahl ist. Bei den meisten anderen auf dem Markt erhältlichen Blutzuckersenkern wurde hingegen ein Rückgang festgestellt.
Im Vergleich zum Jahr davor haben die Glinide wie Nateglinid und Repaglinid mit minus 54,3 Prozent erheblich eingebüßt. Aber auch für die Gruppe der Glitazone sieht es nicht rosig aus: Iqvia zufolge wurden für Präparate dieses Wirkstoffs 22 Prozent weniger ausgegeben. Beim α-Glukosidase-Hemmer Acarbose lag der Wert bei minus 15,8 Prozent und bei den Sulfonylharnstoffen Glibenclamid und Glimepirid bei minus 12,4 Prozent.
Die Ausgaben für die sonstigen Antidiabetika lagen rückläufig bei 7 Prozent. Fast unverändert waren dagegen die Werte für Humaninsulin und Analoga (minus 0,1 Prozent) sowie die DPP-4 Inhibitoren (minus 0,6 Prozent). Dass es bei Insulin kein Wachstum gibt, könnte mit dem Verteilung der Diabetes-Typen zusammenhängen, denn die meisten Betroffenen erkranken an Typ-2-Diabetes.
Mehr und mehr wird der Markt von neueren Blutzuckersenkern erobert. GLP-1 Agonisten (Exenatid, Dulaglutid) sind mit einem Plus von 17,6 Prozent nicht außer Acht zu lassen. Allerdings ziehen die SGLT-2-Hemmer (Dapagliflozin, Empagliflozin) alle Blicke auf sich: Mit einem Zuwachs von rund 84 Prozent in Bezug auf die Ausgaben gegenüber des Vorjahreszeitraums gewinnt diese Arzneimittelgruppe immer mehr an Bedeutung. Das ist auch aus Entscheidungen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zu entnehmen: Sie sprach sich kürzlich für eine Zulassungsempfehlung für Mono- und Kombipräparate von Ertugliflozin aus. Die Gruppe der Gliflozine wird somit erweitert.
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