Analgetika

Nebenwirkungsfreie Opioide: Ministerium beschleunigt Marktzugang

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Berlin -

Dem Thema „Opioide ohne Nebenwirkungen” wird derzeit in der Forschung viel Beachtung geschenkt, was unter anderem mit der Opioid-Krise in den USA sowie auch mit dem Missbrauch- und Abhängigkeitspotenzial dieser Substanzen im Allgemeinen zusammenhängt. Wissenschaftler der Berliner Charité hatten im vergangenen Jahr ein synthetisches Opioid ohne Nebenwirkungen entwickelt. Kürzlich haben sie ihre neuen Ergebnisse in den Fachjournalen „Pain” und „Scientific Reports” präsentiert.

Opioide verursachen Nebenwirkungen wie Atemdepression, Hyperalgesie und Abhängigkeit und führen auch zu Verstopfung und Übelkeit. Damit könnte bald Schluss sein, denn bei der Anwendung der neu entwickelten Substanz sollen die klassischen unerwünschte Wirkungen nicht auftreten. Das Präparat wurde auf der Basis pathologischer Rezeptorkonformationen entwickelt. Entstanden ist ein Opioid-Rezeptor-Agonist, der eine strukturelle Weiterentwicklung von Fentanyl ist. Der Prototyp trägt den Namen NFEPP, der kurz für „(±)-N-(3-fluoro-1-phenethylpiperidin-4-yl)-N-phenyl-propionamid” steht.

In Computersimulationen konnten die Forscher der Charité in Zusammenarbeit mit dem Zuse-Institut für Informationstechnik nun zeigen, dass die Substanz in Modellen für entzündliche und postoperative Schmerzen und auch an Labortieren eine Analgesie erzeugt, ohne typische Opioid-Nebenwirkungen aufzuweisen. Die schmerzlindernde Wirkung von NFEPP verglichen sie dabei mit der von Fentanyl. Bei ihren Untersuchungen legten sie den Fokus auf den pH-Wert des Gewebes, denn entzündetes Gewebe hat einen niedrigeren pH-Wert als gesundes. Den Bindungsstudien nach hat NFEPP eine signifikant geringere Affinität im Vergleich zu Fentanyl bei pH 7,4. Die Forscher schließen daraus, dass der neue Wirkstoff ausschließlich im entzündeten Gewebe wirkt und damit einen pH-abhängigen μ-Opioidrezeptor (MOR) darstellt.

Im weiteren Verlauf bekamen Labortiere intravenös NFEPP sowie Fentanyl verabreicht. Die NFEPP-induzierte Analgesie konnte durch Naloxonmethiodid, einem peripher wirksamen Opioidrezeptorantagonisten, vollständig umgekehrt werden. Dosisabhängig kam es zu einer Reduktion der neuropathischen und abdominellen Schmerzen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass NFEPP periphere Opioid-Rezeptor-vermittelte Analgesie ausschließlich in geschädigtem Gewebe in Modellen von neuropathischen und abdominellen Schmerzen ausübt”, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Pain”.

In „Scientific Reports” berichten die Forscher von einer molekularen Weiterentwicklung. Auf der Grundlage der Fentanyl-Struktur haben sie bei der Ethylen-Gruppe ein Wasserstoffatom mit einem Fluoratom ausgetauscht. Ziel sei es gewesen, den pKa-Wert zu verändern und das Molekül zu optimieren. Die neue Verbindung namens FFS ((±)-N-[1-(2-fluoro-2-phenylethyl)piperidin-4-yl]-N-phenyl-propionamid) zeigte pH-abhängige Aktivität bei den MOR, [35S]-GTPγS-Bindung und G-Protein-Dissoziation durch Fluoreszenzresonanzenergietransfer.

In Rattenmodellen mit entzündlichen, postoperativen, abdominalen und neuropathischen Schmerzen beobachteten die Forscher eine Schmerzreduktion. Bei hohen Dosierungen induzierte FF3 Sedierung, motorische Störungen, Verstopfung und Atemdepression. „Diese Ergebnisse stützen unsere Hypothese, dass der pKa-Wert eines Liganden nahe dem pH-Wert des verletzten Gewebes liegen sollte, um eine Analgesie ohne Nebenwirkungen zu erhalten”, so die Forscher.

Im Projekt NAMPAR, das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert wurde, haben die Wissenschaftler die neuen Wirkstoffe präklinisch validiert. Die neuen Wirkstoffe sollen jetzt in klinischen Tests am Menschen erprobt werden. „In Zukunft können wir Nebenwirkungen, vor allem Abhängigkeiten von Schmerzmitteln und damit verbundene Todesfälle durch Missbrauch, möglicherweise deutlich eindämmen“, sagt Projektleiter Professor Dr. Christoph Stein, Direktor der Klinik für Anästhesiologie an der Charité. Der Wirkmechanismus wurde patentiert und mit der Verwertung der Wirkstoffkandidaten begonnen. Die Wissenschaftler werden vom BMBF unterstützt, damit das Opioid schnell auf den Markt kommt.

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