Studie: Drei von vier UAW vermeidbar APOTHEKE ADHOC, 08.07.2015 08:16 Uhr
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind verbreitet und gefürchtet, sorgen sie doch für signifikant höhere Krankheitszahlen und Sterblichkeit. Eine Forschergruppe von der Charles Darwin University in Australien hat jetzt die Einweisungen eines Krankenhauses darauf untersucht, in wie vielen Fällen UAW vermeidbar gewesen wären.
Einen Monat lang erfassten die Wissenschaftler alle Einweisungen; protokolliert wurden die Prävalenz von UAW, die Krankengeschichte, der verantwortliche Wirkstoff und die Art der Reaktion bei den jeweiligen Patienten. Die Wissenschaftler werteten die Vermeidbarkeit, Vorhersehbarkeit und den Schweregrad der UAW aus.
Im Untersuchungszeitraum wurden 735 Patienten zur Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen. 200 Dialysepatienten wurden aus der Beobachtung ausgeklammert, weil ihr Behandlungsmuster zu stark von der Durchschnittsgruppe abwich. Von den übrigen 535 Patienten schieden weitere 118 aus, weil sie als Notfälle oder ambulant aufgenommen wurden und daher ihre Medikations- und Patientenakte (National Inpatient Medication Chart, NIMC) nicht vorlag. Die untersuchte Gruppe umfasste also 417 Fälle, die anhand ihrer NIMC analysiert werden konnten.
In 90 Akten identifizierten die Forscher UAW, bei einigen lagen sogar gleich mehrere vor. Insgesamt kamen so 150 UAW zusammen. 82 Prozent davon hätten vorhergesehen und 97 Prozent sogar vermieden werden können, konstatieren die Wissenschaftler.
Die Erkenntnis sei aber nur der erste Schritt. Man müsse noch einige Maßnahmen ergreifen, um den Umgang mit UAW zu verbessern und Risiken zu minimieren: UAW müssten korrekt erfasst und das behandelnde Personal zeitnah informiert werden. So könne man langfristig sowohl die von UAW ausgehenden Gefahren reduzieren als auch den Kostenapparat optimieren.
2011 wurden rund 247.000 Verdachtsfälle von UAW an die australische Arzneimittelbehörde TGA gemeldet, so die Wissenschaftler. 2 bis 4 Prozent aller Krankenhauseinweisungen seien beispielsweise im Jahr 2003 medikationsbedingt gewesen. Bei Vermeidung von 75 Prozent der Fälle hätte man 400 Millionen Dollar einsparen können, meinen die Forscher.
In Australien werden bereits seit den 1960er Jahren UAW-Verdachtsfälle durch Patienten gemeldet, gleiches gilt für Kanada und die USA. Für deutsche Patienten bietet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeinsam mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) seit einigen Jahren ein Online-Meldeformular an. Mit dem Internetangebot wird eine im Jahr 2010 verabschiedete EU-Richtlinie umgesetzt, nach der Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen mehr berücksichtigt werden sollen.