Naloxon verhindert Drogentod Alexandra Negt, 14.07.2021 14:56 Uhr
Der Opioid-Antagonist Naloxon wirkt kompetitiv am Opioid-Rezeptor und kann Drogenabhängige im Falle einer Überdosierung vor dem Tod bewahren. Noch ist kein hochdosiertes nasales Präparat auf dem deutschen Markt verfügbar. Das soll sich nun im Rahmen eines bundesweiten Modellprojektes ändern.
Naloxon kann als kompetitiver Antagonist am Opioid-Rezeptor Leben retten. Menschen, die aufgrund einer Überdosis bewusstlos werden, versterben häufig an Atemstillstand. Die zu hohe Dosis führt zunächst zu einer Abflachung der Atmung, dann zum kompletten Stillstand.
Betroffene, die von einem Arzt oder einer Ärztin aufgefunden oder in der Notaufnahme behandelt werden, können Naloxon intravenös erhalten. Die Wirkung setzt binnen Sekunden bis Minuten ein. Eine Dosissteigerung kann nach wenigen Minuten erfolgen. Da die meisten Drogenabhängigen jedoch nicht von einem Mediziner/einer Medizinerin aufgefunden werden, soll nasal anzuwendendes Naloxon zum Einsatz kommen.
Nyxoid (Mundipharma) enthält 1,8 mg Naloxon. Es ist ähnlich den nasal anzuwendenden Triptanen als Einzeldosisapplikation verfügbar. Es gibt nur eine Packungsgröße mit zwei Stück. Das Arzneimittel ist zur sofortigen Applikation im Rahmen einer Notfalltherapie bei Verdacht auf Opioid-Vergiftung bei Kindern ab 14 Jahren zugelassen.
In der Fachinformation ist festgehalten, dass das Spray sowohl im medizinischen als auch im nicht-medizinischem Umfeld angewendet werden darf. In den USA steht auch hochdosiertes Naloxon mit 4 mg je Einzeldosis zur Verfügung.
Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik „Akzept“ bemängelt, dass das Nasenspray auch drei Jahre nach der Markteinführung nicht häufig genug zum Einsatz kommt. „Mit der flächendeckenden Verbreitung eines Naloxon-Nasensprays sollte es möglich sein, den Anteil an Drogentoten zu reduzieren“, so Geschäftsführerin Christine Kluge Haberkorn. 2020 verzeichnete Deutschland nach Auskunft der Deutschen Aidshilfe über 600 Drogentode – zahlreiche Fälle stehen im Zusammenhang mit Heroin.
Bundesmodellprojekt für mehr Bekanntheit
Am 1. Juli ist das Bundesmodellprojekt NalTrain gestartet. Ziel ist es, das Notfallmedikament bekannter zu machen. „2019 wurde das verschreibungspflichtige Nasenspray nur 370 Mal per Kassenrezept (und 570 Mal per Privatrezept, meist über Projekte) an Drogengebraucher:innen ausgegeben – bei geschätzten 165.000 Opioidkonsument:innen in Deutschland“, informiert die Deutsche Aidshilfe. In zahlreichen Städten sollen Abhängige und Substituierte im Umgang geschult werden. „Im Rahmen einer Begleitevaluation werden Daten zur Anzahl der ausgebildeten Personen sowie zur Zahl der Rezepte erfasst. Zudem soll ein Rückmeldesystem nach erfolgter Anwendung des Nasensprays installiert werden“, erklärt der Verband. Apotheken sollten die Anwendung bei der Abgabe leicht verständlich erklären und auf die wichtigsten Punkte hinweisen. Da die Anwendung in Notsituationen erfolgt, sollte die Applikation so schnell wie möglich erfolgen.
In der Schweiz dürfen Apotheker das Naloxon-Nasenspray unter gewissen Voraussetzungen auch ohne Rezept abgeben. Diese Sonderregelung gilt seit eineinhalb Jahren auch für andere verschreibungspflichtige Arzneimittel. Der Apotheker gibt sie in eigener Verantwortung ab. Durch die Revisionen des Heilmittelgesetzes erhielt der Apotheker mehr Handlungsspielraum. Die Abgabe darf jedoch nur dann erfolgen, wenn die Person, die das Arzneimittel anwenden soll, persönlich in der Apotheke erscheint.