Mysimba gegen Fettleibigkeit Nadine Tröbitscher, 03.01.2018 12:30 Uhr
Adipositas nimmt zu: In Deutschland sind etwa ein Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig. Zum neuen Jahr hat der Mittelständler Cheplapharm ein zentral wirksames Antiadipositum auf den Markt gebracht.
Mysimba enthält die Wirkstoffkombination Naltrexon und Bupropion. Der Opioid-Antagonist Naltrexon ist aus der Therapie von Opioid- oder Alkoholabhängigen bekannt. Das zur Gruppe der Antidepressiva gehörende Bupropion wird zur Behandlung von Depressionen und zur Raucherentwöhnung eingesetzt.
Das Arzneimittel ist als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Diät und körperlicher Bewegung für Patienten ab 18 Jahren mit einem anfänglichen Body-Mass-Index (BMI) von ≥ 30 kg/m2 oder übergewichtigen Patienten mit einem BMI von ≥ 27 kg/m2 bis < 30 kg/m2 zugelassen. Übergewichtige müssen mindestens eine Begleiterkrankung wie Diabetes Typ 2, Dyslipidämie oder kontrollierte Hypertonie vorweisen, um mit Mysimba behandelt werden zu können.
Die Retardtabletten zu 7,2 mg Naltrexon und 78 mg Bupropion werden nach einem festen Therapieschema eingenommen. Die Behandlung sollte nach 16 Wochen beendet werden, wenn in diesem Zeitraum keine Gewichtsreduktion um mindestens 5 Prozent erreicht werden konnte. In den ersten vier Behandlungswochen sollte die Dosis gesteigert werden, bis die empfohlene Tageshöchstdosis von zwei Tabletten zweimal täglich erreicht ist. Die Einnahme erfolgt vorzugsweise mit Nahrung und ausreichend Flüssigkeit. In der ersten Woche nehmen die Patienten eine Tablette am Morgen ein, in Woche 2 soll je eine Tablette morgens und abends geschluckt werden. In der dritten Woche erfolgt eine Steigerung auf zwei Tabletten am Morgen und eine am Abend, bis schließlich ab Woche 4 morgens und abends je zwei Tabletten eingenommen werden.
Der genaue neurochemische appetitzügelnde Effekt der Wirkstoffkombination ist bislang nicht vollständig geklärt. Der μ-Opioidrezeptor-Antagonist und der schwache Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wirken auf zwei Bereiche des Gehirns – den Nucleus arcuatus des Hypothalamus und desmesolimbischen dopaminergen Belohnungssystems.
Bupropion stimuliert im Nucleus arcuatus Proopiomelanocortin (POMC)-Neuronen, die α-Melanozyten-stimulierendes Hormon (α-MSH) freisetzen. Dieses stimuliert durch Bindung den Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R). Die Freisetzung von α-MSH ist mit einer gleichzeitigen Freisetzung von β-Endorphin durch die POMC-Neuronen verbunden. Es kommt zu einer negativen Rückkopplung. β-Endorphin bindet an die μ-Opioid-Rezeptoren in POMC-Neuronen und führt zu einem Rückgang der Freisetzung von α-MSH. Die Blockierung dieser hemmenden Rückkopplung mit Naltrexon führt vermutlich zu einer stärkeren und länger anhaltenden Aktivierung der POMC-Neuronen, die den Effekt des Bupropions auf die Energiebilanz verstärkt. Der Appetit wird gezügelt und das Belohnungssystem beeinflusst.
Mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind Übelkeit, Verstopfung, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen oder Mundtrockenheit. Die Kombination ist seit 2014 in den USA unter dem Namen Contrave zugelassen.