MS-Medikamente

Zweite Chance für Daclizumab

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Berlin -

Daclizumab kommt zurück: Der humanisierte monoklonale Antikörper gegen den Interleukin-2-Rezeptor CD25 (IL-2Ra) soll eingesetzt werden bei erwachsenen Patienten mit schubförmig remittierende Multipler Sklerose (MS). Noch vor zehn Jahren war der Wirkstoff als Immunsuppressivum im Einsatz. Jetzt empfiehlt die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) das Mittel zur Zulassung in der neuen Indikation.

Daclizumab war der erste humanisierte Antikörper auf dem Markt. Im Dezember 1997 von der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen, folgte im Februar 1999 grünes Licht in Europa. Entwickelt worden war das Präparat vom US-Biotechunternehmen PDL; die Grundlage bildeten Forschungsarbeiten der National Institutes of Health (NIH).

Roche vertrieb den in Zellkulturen hergestellten Antikörper unter dem Handelsnamen Zenapax zur Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen in Kombination mit Ciclosporin und Corticosteroiden. Verabreicht wurden 1mg/kg Körpergewicht über 15 Minuten; die erste Infusion erhielten Patienten 24 Stunden vor der Transplantation, fünf weitere Dosen jeweils im Abstand von 14 Tagen.

Zum 1. Januar 2009 nahm Roche die Zulassung zurück – aus kommerziellen Gründen und nicht wegen Sicherheitsproblemen, wie der Konzern erklärte. Zu den Nebenwirkungen gehörten unter anderem Schlaflosigkeit, Tremor, Kopf- und Gliederschmerzen, Bluthochdruck, Dyspnoe, gastrointestinale Beschwerden und Ödeme.

Parallel testete PDL in Zusammenarbeit mit Abbvie und Biogen Idec den Einsatz bei MS. Dank neuartiger Glykosylierung (high-yield process, HYP) kann Daclizumab nun auch vom Patienten selbst subcutan appliziert werden; eine Ampulle enthält 150 mg und muss einmal im Monat angewendet werden.

In den beiden zulassungsrelevanten Studien konnten die jährliche Schubrate (ARR) und die Verschlechterung des Behinderungsgrades sowohl gegenüber Placebo als auch gegenüber Avonex (Interferon Beta-1a) 30 µg/Woche reduziert werden. An SELECT – publiziert in „Lancet“ – nahmen 621 Patienten teil, bei DECIDE – veröffentlicht im NEJM – waren 1841 Patienten mit RRMS eingeschlossen.

Laut DECIDE lagen die jährliche Schubrate (0,22 vs. 0,39), die Anzahl der neuen oder vergrößerten Läsionen (4,3 vs. 9,4) und Verschlechterung des Behinderungsgrads (16 vs. 20 Prozent) unter Daclizumab niedriger als unter Interferon beta-1A.

Das Nebenwirkungsprofil war den Herstellern zufolge ähnlich, am häufigsten traten schwere Infektionen und schwere Hautreaktionen, ein Anstieg der Leberenzyme auf mehr als das Fünffache des normalen Wertes, gastrointestinale Störungen und Depressionen auf.

IL-2 steht seit Anfang der 1990er Jahre in Verdacht, eine Rolle bei der Neurodegeneration zu spielen. Bei Patienten mit MS war der Spiegel deutlich erhöht. Der Neurotransmitter aktiviert verschiedene Signalwege, darunter JAK/STAT und RAS. In der Folge werden T-Zellen aktiviert.

Bei MS zerstören Immunzellen die isolierende Hüllschicht der Nervenfasern (Myelinscheide), sodass die Weiterleitung von Signalen gestört ist. Bei Gesunden hält das Abwehrsystem solche amoklaufenden Immunzellen unter anderem durch die spezielle Gruppe der Suppressorzellen, auch regulatorische T-Zellen genannt, in Schach. Diese fehlen bei MS-Patienten, so dass die überschießende Abwehr des Immunsystems nur unzureichend gebremst wird.

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