Guselkumab: Erste Zulassung nach 25 Jahren dpa/APOTHEKE ADHOC, 17.07.2017 12:37 Uhr
Nach 25 Jahren Firmengeschichte kommt erstmals ein Mittel des deutschen Biotech-Unternehmens Morphosys auf den Markt. Der Lizenznehmer Janssen, der zum US-Pharmakonzern Johnson & Johnson gehört, erhielt von der US-Arzneimittelbehörde (FDA) die Verkaufsgenehmigung für das Medikament Tremfya. Das Arzneimittel gegen Schuppenflechte basiert auf Morphosys' Wirkstoff Guselkumab.
Guselkumab ist ein vollständig humaner Antikörper, der sich gegen Interleukin-23 (IL-23) richtet. Das Zielmolekül IL-23 ist ein entzündungsförderndes Protein und wurde als wichtiger Botenstoff für die Entstehung von Autoimmunkrankheiten identifiziert und spielt bei der Plaque-Psoriasis eine entscheidende Rolle. Tremfya hat eine Marktzulassung für die Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis in den USA erhalten. Bereits im November hatte Janssen die Einreichung der Zulassungsanträge an die FDA und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bekannt gegeben.
Tremfya ist als subkutane Injektion zu 100 mg auf dem Markt und wird alle acht Wochen verabreicht. Zu Behandlungsbeginn werden zwei Startdosen in den Wochen Null und Vier injiziert. Die Zulassung basiert auf einem Programm aus mehreren klinischen Studien mit mehr als 2000 Probanden. Die Voyager 1 Studie beispielsweise verglich Guselkumab mit einem Placebo und Humira (Adalimumab, Abbvie).
Im Vergleich zum Placebo zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Beschwerden. Laut Definition ist das eine mindestens 90-prozentige Verbesserung, was einer annähernd kompletten Symptomfreiheit der Haut entspricht, dem Psoriasis Area Severitiy Index (PASI 90) nach 16 Behandlungswochen. Dabei wird zwischen einem Score klarer und fast klarer Haut unterschieden. Der Humira-Studienarm war der Guselkumab-Gruppe unterlegen – erreichte die Tremfya nach drei Injektionen einen PASI 90 von etwa 85 Prozent beziehungsweise etwa 73 Prozent, waren es nach zehn Humira-Injektionen im gleichen Zeitraum ein PASI 90 von etwa 66 Prozent beziehungsweise etwa 50 Prozent. Im weiteren Studienverlauf erreichte Guselkumab eine höhere Haut-Clearance als Humira.
Eine Phase-III-Studie im Vergleich zu Cosentyx (Secukinumab, Novartis) zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Schuppenflechte ist in den Vorbereitungen. Aktuell läuft eine Phase-III-Studie Behandlung aktiver Psoriasis-Arthritis.
Schuppenflechte ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die zu einer Überproduktion von Hautzellen führt. Dadurch verdickt sich die Haut und fängt an zu schuppen, was mit Juckreiz und Entzündungen einhergehen kann. Der Fachbegriff lautet Psoriasis. Laut Morphosys sind bis zu 125 Millionen Menschen weltweit daran erkrankt, darunter 14 Millionen Europäer. Etwa 20 Prozent der Fälle sind demnach als moderat bis schwer einzustufen.
Das Medikament ist auf Basis von Morphosys' Antikörper-Bibliothek HuCAL entwickelt worden. Der Wirkstoff Guselkumab hat sich in Studien als wirksam gegen bestimmte Formen der Schuppenflechte erwiesen. „Es ist eine fantastische Nachricht, dass diese Therapie nun für Patienten mit moderater bis schwerer Form dieser Erkrankung verfügbar wird“, erklärte der Vorstandschef von Morphosys, Simon Moroney.
Morphosys erhält infolge der Zulassung eine Meilensteinzahlung von Janssen. Über die Höhe wurden dabei keine Angaben gemacht. Bislang hat Morphosys sein Geld vornehmlich als Dienstleister für große Pharmafirmen verdient – etwa in Form von Forschungsentgelten und Lizenzzahlungen. Nun wird die Biotech-Firma erstmals auch am Umsatz des Medikaments beteiligt. „Wir haben jahrelang an dem Wirkstoff geforscht“, sagte ein Morphosys-Sprecher. „Nun können wir die Früchte ernten.“
An der Börse sorgte die Nachricht am Freitag für Hochstimmung unter den Anlegern: Die Aktien von Morphosys stiegen im frühen Handel um mehr als 8 Prozent und erreichten den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. Seit einem Durchhänger im vergangenen Sommer hat sich das Papier damit verdoppelt auf fast 69 Euro. Zuletzt legten die Aktien noch um mehr als 7 Prozent auf 67,18 Euro zu.
Analyst Oliver Metzger von der Commerzbank schätzt das Umsatzvolumen für das Medikament Tremfya auf bis zu 1,5 Milliarden Euro. Auch Analystin Klara Fernandes von der Privatbank Berenberg ist zuversichtlich: Die Zulassung markiere einen Wendepunkt in der Geschichte von Morphosys, da das Biotech-Unternehmen nun seinen ersten steten Fluss an Lizenzgebühren erhalten werde. Außerdem sei die Wirksamkeit der zugrundeliegenden Antikörper-Plattform damit bestätigt. Fernandes erwartet noch weitere Erfolgsmeldungen in diesem Jahr.