Das Therapiemanagement des Morbus Basedow während der Schwangerschaft ist aus zwei Gründen kompliziert: Sowohl die mütterliche Grunderkrankung als auch die kausalen Therapieoptionen stellen ein potenzielles Risiko für das ungeborene Kind dar. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung ist somit doppelt problematisch – die Grunderkrankung kann zum gestörten Wachstum beim Ungeborenen führen, Thyreostatika weisen je nach Wirkstoff ein unterschiedlich großes Fehlbildungspotential auf.
Bei der systemischen Autoimmunerkrankung sind Antikörper gegen den TSH-Rezeptor (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) vorhanden – es kommt zu einer Hyperthyreose aufgrund der Entkopplung vom physiologischen Regelkreis (Überstimulation der Schilddrüse). Die Symptome ähneln somit denen einer reinen Hyperthyreose. Das klinische Bild ist nicht nur von der Dauer der Erkrankung abhängig, sondern auch vom Alter des Patienten.
Symptome
Durch chronischen Wachstumsreiz kann sich ein Struma ausbilden. Durch die krankhaft gesteigerte Ausschüttung von Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) kann eine Thyreotoxikose entstehen. Hierbei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung. Die Ursache zur Entstehung eines Morbus Basedow scheint multifaktoriell zu sein, neben genetischer Veranlagung werden Jodversorgung, Rauchen, Infektionen und Stress als mögliche Auslöser genannt.
Diagnostiziert wird die Erkrankung durch das Vorhandensein von TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK) im Blut. Der Nachweis von TRAK erfolgt entweder mit einem kompetitiven Bindungsassay (Methode zur Messung der Bindungsaffinität zweier Moleküle) oder mit einem zellbasierten Bioassay, der zusätzlich eine Spezifizierung zwischen stimulierenden und blockierenden TRAK erlaubt.
In etwa 50 Prozent aller Erkrankungen kommt es im Laufe von zwei Jahren zu einer spontanen Remission. Diese Phase sollte medikamentös begleitet werden. Aktuelle therapeutische Optionen sind begrenzt. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Morbus Basedow sollte stets der Versuch der dauerhaften Remission mit Thyreostatika vorgenommen werden. Diese Arzneistoffe hemmen die Sekretion oder die Synthese von Schilddrüsenhormonen.
Wirkstoffe
Patientinnen mit einer aktiven Basedow-Krankheit sollte von einer Schwangerschaft abgeraten werden. Die Zahl der Frühaborte unter thyreostatischer Therapie sind erhöht. Die Antikörper werden von der Mutter transplazentar auf den Embryo übertragen. Feten von Basedow-Patientinnen weisen ein höheres Risiko einer neonatalen Thyreotoxikose auf.
Nach Übertragung der Antikörper wird die fetale Schilddrüse beeinflusst. Die daraus resultierende fetale Hyperthyreose steht mit einer erhöhten fetalen und neonatalen Morbidität und Mortalität in Verbindung. Auch eine nicht ausreichend kontrollierte mütterliche Hyperthyreose während der Schwangerschaft kann mit einem erhöhten Risiko für Spontanaborte, Frühgeburten, geringes Geburtsgewicht, intrauterine Wachstumsrestriktion und Totgeburten verbunden sein. Im schlimmsten Fall kann es unbehandelt zu einer lebensbedrohlichen thyreotoxischen Krise kommen. Für die werdende Mutter kann dies ein Herzversagen zu Folge haben.
Frauen erkranken häufiger als Männer: Auf sieben erkrankte Frauen kommt nur ein erkrankter Mann. Die Krankheitshäufigkeit beträgt ungefähr 6 Prozent in der Bevölkerung. In einigen Familien kommt der Morbus Basedow gehäuft vor. In Phasen der hormonellen Umstellung wie der Pubertät, nach einer Schwangerschaft und in den Wechseljahren kommt die Erkrankung häufiger zum Ausbruch. Ein Drittel der Betroffenen ist jünger als 35 Jahre.
Die Bewertung des Fehlbildungspotential ist schwierig und komplex: Neben den Effekten der einzelnen Wirkstoffe müssen mütterliche Grunderkrankungen, das mütterliche Alter und der Body-Mass-Index berücksichtigt werden. Hyper- oder Hypothyreosen, die sekundär als Folge einer Schilddrüsensuppression durch Thyreostatika auftreten können, stellen weitere Risikofaktoren dar. Die Evidenz aus Studien bezüglich des teratogenen Potenzials der einzelnen Thyreostatika ist derzeit begrenzt.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berichtet, dass bis Mai 2018 356 Fallberichte geschildert wurden, die von einem Fehlbildungsrisiko unter der Einnahme von Thyreostatika ausgehen. Die Abfrage erfolgte auf Grundlage der SMQ (Standardisierte MedDRA- Abfrage). Durch die Analyse der bereinigten Fallberichte konnte ein spezifisches Fehlbildungsmuster bestätigt werden: Das Fehlen eines Teils der Kopfhaut war die am häufigsten berichtete Missbildung im Zusammenhang mit der Anwendung von Thiamazol und Carbimazol bei Schwangeren. Des Weiteren traten gehäuft Choanalatresien (knöcherne Verschluss der hinteren Nasenöffnung) und faziale Dysmorphien auf. Weitere Fehlbildungen umfassten Defekte der Bauchdecke und des Magen-Darm-Traktes.
Die aktuelle Leitlinie der European Thyroid Association empfiehlt, dass Frauen mit Kinderwunsch vor der Empfängnis auf Propylthiouracil umgestellt werden. Patientinnen die bereits schwanger sind und mit Thiamazol oder Carbimazol behandelt werden, sollten innerhalb des ersten Trimesters umgestellt werden.
Das Thioharnstoff-Derivat wird zur symptomatischen Behandlung der Hypertyreose eingesetzt. Die Dosierung sollte möglichst niedrig gewählt werden, um schwere unerwünschte Nebenwirkungen wie einen möglichen Abort zu vermeiden. Im letzten Trimenon der Schwangerschaft kommt es oft zu einer spontanen Besserung der Hyperthyreose. In der Stillzeit gilt Propylthiouracil bei strenger Indikationsstellung als Mittel der Wahl, da die Konzentration in der Muttermilch gering ausfällt. Der Wirkstoff löst meist kaum Nebenwirkungen auf. Gelegentliche Nebenwirkungen können mit der Dauer der Einnahme geringer werden.
Nebenwirkungen
Die Anfangsdosis beträgt bei geringer klinischer Aktivität der Hyperthyreose 100 – 300 mg Propylthiouracil pro Tag aufgeteilt auf zwei bis drei Einzeldosen zu je 50 – 100 mg. In schweren Fällen und nach Jodkontamination werden höhere Anfangsdosen von 300 mg bis 600 mg täglich verteilt auf vier bis sechs Einzeldosen empfohlen. Die Erhaltungsdosis beträgt 50 – 150 mg Propylthiouracil pro Tag.
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