Wirkstoffforschung

Phenylalanin als „Drug Killer“

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Berlin -

Neue Wirkstoffe fallen in der präklinischen Forschung nicht selten durch, weil sie den Herzrhythmus stören. Ursache dafür ist eine Interaktion mit Ionenkanälen. Am Department für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Wien untersuchen Wissenschaftler seit Jahren, wie der Öffnungs- und Schließmechanismus beeinflusst wird. Nun konnten die Forscher eine weitere Aminosäure identifizieren, die für die Nebenwirkung verantwortlich ist.

Ionen steuern unter anderem die Kontraktion des Herzmuskels: Calcium und Natrium lösen die Kontraktion aus, Kalium sorgt für die Entspannung. Wenn das Herz schlägt, strömen die depolarisierende Ionen durch Ionenkanäle in die Herzmuskelzellen. Der anschließende Kaliumausstrom sorgt dafür, dass sich das Potential an der Zellmembran wieder dem Ruhepotential annähert.

Der wichtigste Kaliumkanal für diese Repolarisation ist der sogenannte HERG-Kanal. Dieser wird durch eine Vielzahl unterschiedlicher Arzneistoffe blockiert, was schwere Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Häufig endet die Entwicklung neuer Arzneistoffe, wenn eine solche Hemmung von HERG nachgewiesen wird. Der Ionenkanal wird daher häufig als „Drug Killer" bezeichnet. Bisher konnten Wissenschaftler sechs Aminosäuren in der Kanalpore identifizieren, die wahrscheinlich den Rezeptor für diese unterschiedlichen Arzneistoffe bilden.

Den Forschern aus Wien ist es jetzt gelungen, eine weitere wichtige Aminosäure zu identifizieren: Phenylalanin 557 ist eine neue Bindungsdeterminante, die eine Rolle bei der Hemmung von HERG-Kanälen durch Arzneistoffe spielt. Der erste Schritt zu dieser Erkenntnis erfolgte am Computer: Durch das Prinzip des Molecular Modellig wurden die Wissenschaftler auf die Spur der Aminosäure gebracht.

Die Hypothese, dass auch andere Aminosäuren als die bereits bekannten an der Interaktion mit HERG-Blockern beteiligt sind, wurde bereits vor einigen Jahren aufgestellt. Nach den Ergebnissen der computergesteuerten Simulation folgten gerichtete Mutagenese und direkten Messungen von Ionenströmen durch mutierte HERG-Kanäle in Laborexperimenten mit Zellen.

Das Besondere an der neu entdeckten Aminosäure: Sie befindet sich nicht in der Kanalpore, in der die anderen Aminosäuren lokalisiert sind, sondern an einer gänzlich andere Stelle in einer Seitentasche des Kanals.

Die Entdeckung ist auch für andere Forscher wichtig: Da die Interaktion von Arzneistoffkandidaten mit dem HERG-Kanal in industrieller Forschung inzwischen sehr häufig zunächst in silico, also an Computermodellen des Kanals, getestet wird, müssen diese Modelle jetzt weltweit um die neu identifizierte Aminosäure ergänzt werden. Da es sich um einen sehr wichtigen Teil des Arzneistoffrezeptors handele, könnten Aussagen an Computermodellen künftig mit höherer Präzision erfolgen. Die Arzneimittelsicherheit künftiger Arzneistoffe könne dadurch deutlich erhöht werden, so die Wiener Wissenschaftler.

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