Die altersbedingte Makuladegernation (AMD) ist eine Erkrankung des Auges, die aktuell nicht heilbar ist. Mit intravitrealen Spritzen lässt sich das Fortschreiten eindämmen. Eingesetzt werden sogenannte VEGF-Hemmer wie Ranibizumab oder Aflibercept. Viele Betroffene erblinden fast vollständig. Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) haben nun die mögliche Ursache für das Entstehen der Augenerkrankung gefunden.
Das PEI hat gemeinsam mit einem internationalen Forschungsverbund einen Mechanismus aufgeklärt, der zur Entstehung der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) führen könnte. Es konnte gezeigt werden, dass sich bei Patienten mit trockener AMD DNA von transportierbaren Alu-Elementen im Zytoplasma der RPE-Zellen anreichert. Alu-Sequenzen gehören zu den Short Interspersed Nucleotide Elements (SINE) und sind rund 300 Basenpaare lang. RPE steht für retinales Pigmentepithel. Hierbei handelt es sich um ein einschichtiges Epithel, das zwischen Aderhaut und Photorezeptoren angesiedelt ist.
Die Anreicherung der Alu-DNA erfolgt durch das Umschreiben von Alu-RNA in Alu-DNA im Zytoplasma der Zellen. Diese Umcodierung wird von speziellen Proteinen angestoßen. Die angereicherte Alu-DNA wirkt dann zellschädigend. Im nächsten Schritt kommt es zum Absterben der Zelle. Als Spätfolge der AMD steht die geographische Atrophie. Normalerweise werden sogenannte VEGF-Inhibitoren wie Ranibizumab oder Aflibercept zur Therapie eingesetzt. Nun rücken neue Medikamente in den Fokus. Durch den aufgeklärten Entstehungsmechanismus könnten HIV-Medikamente vielversprechend sein.
Für den Verlust des Sehvermögens sind das Umschreiben der Alu-RNA in DNA und die Aktivität transponierbarer Elemente verantwortlich. Die sogenannten Nukleosidische-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI), die eigentlich bei HIV-Patienten eingesetzt werden, könnten an der richtigen Stelle im Krankheitsprozess eingreifen. Wirkstoffe wie Entecavir (Baraclude, Bristol-Myers Squibb) oder Lamivudin (Epivir, ViiV) hemmen die reverse Transkriptase und damit das Enzym, das RNA in DNA umschreibt. Auch die Aktivität der Reversen Transkriptase wird gedrosselt.
Die Forscher können diesen Ansatz mit einer Auswertung von vier Datenbanken unterschiedlicher US-Krankenversicherungen untermauern. Patienten, die langfristig NTRI einnahmen, erkrankten im Mittel um 40 Prozent seltener an einer trockenen AMD als Personen ohne NTRI-Behandlung. Eingeschlossen in die Analyse waren Daten von über 100 Millionen Menschen. Nun sollen klinische Studien zum Einsatz von NTRI bei AMD folgen. Vorbereitungen für erste klinische Prüfungen wurden bereits initiiert.
Bei der AMD handelt es sich um eine degenerative Erkrankung der Macula lutea – dem gelben Fleck. Der Bereich im Zentrum der menschlichen Netzhaut weist eine hohe Dichte an Photorezeptoren auf. Es handelt sich um den Punkt des schärfsten Sehens. Betroffene beklagen ein immer schlechter werdendes Sehen. Insbesondere das Fokussieren wird problematisch. Gerade Linien und Buchstaben wirken verschwommen oder verzerrt. Teilweise berichten Patienten, dass Gegenstände bei einem Augenaufschlag scheinbar fehlen und beim nächsten Aufschlag wieder da sind. Man unterscheidet zwischen trockener und feuchter Makuladegeneration.
Immer mehr Menschen erkranken in Deutschland an AMD. Mit steigendem Lebensalter erhöht sich das Risiko für die Augenkrankheit. Um die 300.000 Menschen erkranken jährlich neu an AMD in Deutschland. Momentan werden die betroffenen mit VEGF-Inhibitoren behandelt. Ranibizumab (Lucentis, Novartis), Brolucizumab (Beovu, Novartis), Aflibercept (Eylea, Bayer) und Bevacizumab (Avastin, Roche) sind die vier Wirkstoffe, die in kleinsten Mengen intravitreal injiziert werden.
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