In Krankenhäusern gilt der multiresistente Staphylococcus aureus (MRSA) als besondere Gefahr, da er für schwere Infektionen verantwortlich ist. Der Erreger ist bekannt für häufige Resistenzen gegenüber vielen Antibiotika. Das erschwert die Therapie. Derzeit gibt es keine wirksamen Impfstoffe. Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) haben immunologische Abläufe entdeckt, die Abwehrreaktionen gegen den Erreger verhindern. Sie konnten zeigen, dass die T-Zell-Antwort durch den Zusatz von Antigenen verstärkt wird. Dies könnte essentiell für die Entwicklung von Vakzinen sein. Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden im „PLOS Pathogens“ veröffentlicht.
Die spezifische (erworbene) Immunabwehr besteht unter anderem aus T-Lymphozyten, auch T-Zellen genannt. Sie können gezielt das grampositive Bakterium Staphylococcus aureus (S. aureus) erkennen. Es gibt verschiedene Arten von T-Zellen, die unterschiedliche Funktionen im Immunsystem haben. Dazu gehören T-Helferzellen, cytotoxische T-Zellen und regulatorische T-Zellen. Diese Zellen unterscheiden sich voneinander in den Oberflächenproteinen, die der immunologischen Erkennung der Zelle und unter anderem als Membranrezeptoren dienen.
Bisher war bekannt, dass T-Helferzellen gegen S. aureus, die das Protein CD4 tragen („CD4-positive T-Helferzellen“), vom Immunsystem gebildet werden können. Falls sich Bakterien in der Zelle befinden, sind diese Helferzellen nicht mehr wirksam. Im Gegensatz dazu erkennen CD8-positive T-Zellen Fragmente von Bakterien innerhalb der Zelle und auf der Oberfläche. Sie sorgen dafür, dass die infizierten Körperzellen eliminiert werden.
Die Forscher um Dr. Isabelle Bekeredjian-Ding, Leiterin der Abteilung Mikrobiologie des PEI, haben herausgefunden, dass die Immunabwehr auch für S. aureus spezifische CD8-positive T-Zellen bildet. Dieser T-Zell-Subtyp bringe Botenstoffe hervor, sobald er mit dem Keim interagiere. Diese Signalstoffe würden an die Umgebung abgegeben, seien aber nicht zur Abtötung des Erregers gedacht. Die Substanzen beeinflussen regulatorische T-Zellen und T-Helferzellen in ihrer Funktion. Aus der Art dieser Stoffe schlossen die Wissenschaftler, dass sie eine Rolle bei der Immuntoleranz gegenüber dem Bakterium spielen. Als Immuntoleranz wird dabei eine ausbleibende oder stark verminderte Reaktion der Immunantwort gegenüber einem Antigen bezeichnet.
Weiterhin konnten sie zeigen, dass Staphylococcus aureus die Produktion des Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktors (G-CSF) ankurbelt. Das Peptidhormon G-CSF wird als Zytokin unter anderem bei Entzündungen vom Körper ausgeschüttet und hemmt entzündliche T-Zell-Antworten. Allerdings gäbe es auch immunologische Abläufe, die zu einer Abtötung von S. aureus führen könnten. Dieser Anteil sei jedoch im Vergleich zu den regulatorischen T-Zellen gering und übe nur einen vernachlässigbar kleinen Effekt aus.
Die Forscher sagen, dass die T-Zell-Antwort zugunsten der Elimination des Bakteriums potenziert werden könne, wenn zuvor mRNA des Erregers in bestimmte Immunzellen eingeschleust worden sei. Dadurch werde die Produktion immunaktiver S. aureus-Bestandteile beschleunigt, die als Antigene fungieren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein Immungedächtnis gegenüber Staphylococcus aureus vorhanden ist“, so Bekeredjian-Ding. „Wir halten es für möglich, mit mRNA enthaltenden Impfstoffen die T-Zell-Antworten gegenüber diesen Keimen im Körper zu verändern und den Anteil schützender T-Zellen zu erhöhen.“ Die Ergebnisse seien ein „innovatives Werkzeug“ für die Entwicklung prophylaktischer und therapeutischer Impfstoffe.
S. aureus ist bei Gesunden weit verbreitet und besiedelt häufig asymptomatisch Haut und Schleimhäute. Der Erreger ist unter anderem auf den oberen Atemwegen, in der Vagina sowie im Nasenvorhof nachweisbar. Unter Umständen kann der fakultativ pathogene Keim zu Endokarditis, Pneumonie und Sepsis führen. Dabei können Immundefekte, Diabetes mellitus oder eine gestörte Hautbarriere eine Infektion begünstigen.
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