Bislang wird Arthritis symptomatisch mit antiphlogistisch und analgetisch wirksamen Arzneistoffen therapiert – eine kausale Behandlung gibt es derzeit nicht. Wissenschaftler aus der Schweiz und Norwegen haben jetzt herausgefunden, dass ein Zuckermolekül aus Braunalgen die Ursachen dieser Gelenkerkrankung bekämpfen kann. Die Erkenntnisse könnten ein neuer Therapieansatz sein.
Forscher der ETH Zürich, der Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa und des norwegischen Forschungsinstituts Sintef haben in einer präklinischen Studie die Wirkung eines Polysaccharids aus Braunalgen auf verschiedene Zellkulturen untersucht. Dazu wurde das aus den Stielen des Palmentangs, Laminaria hyperborea, gewonnene Alginat chemisch mit Sulfatgruppen modifiziert und danach in gelöster Form analysiert.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass diese Substanz den oxidativen Stress senkt sowie Entzündungen und die Immunreaktion gegen Knorpelzellen abhängig von der Modifikation hemmt: Je größer die Anzahl der angehängten Sulfatgruppen, desto besser die Wirkung. Die Substanz regulierte in der Studie die Expression von Genen herunter, die proinflammatorische Marker wie IL-6 und CXCL8 produzieren. Den Arbeitsgruppen um Marcy Zenobi-Wong und Katharina Maniura konnten demonstrieren, dass Alginatsulfat so die häufigste Ursache von Zellschäden und -sterben erheblich senken kann. Die Moleküle sollen den Abbau des Gelenkknorpels verlangsamen. „Die Hoffnung ist, dass sie den Abbau sogar stoppen können“, so Coautor Markus Rottmar. Die Ergebnisse der In-vitro-Experimente wurden im Fachjournal „Biomaterical Science“ veröffentlicht. Als nächster Schritt sind nun Versuche geplant, in denen die Alginatsulfate an Tieren getestet werden sollen.
Arthritis ist in der Bevölkerung sehr verbreitet und kann in verschiedenen Formen auftreten. Sie ist hauptsächlich bei älteren Personen über 65 Jahren anzutreffen, aber auch jüngere Menschen können an der degenerativen Erkrankung leiden. Frauen sind dabei häufiger als Männer betroffen. In einigen Fällen kann sich die Entzündung bakteriell infizieren, so dass dann von einer „bakteriellen Arthritis“ die Rede ist. Zu den bekannten Erregern zählen beispielsweise Staphylokokken und Escherichia coli. Die häufigste Gelenkerkrankung ist die rheumatoide Arthritis, bei der es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt.
Die chronische Entzündung führt dazu, dass das Knorpelgewebe im Gelenk mit der Zeit abgebaut wird, sodass die Knochen keine Schutzschicht mehr haben und aufeinander treffen können. Folglich wird der Gelenkknorpel zerstört. Bei Patienten äußern sich die Pathomechanismen in starken Schmerzen. Weiterhin können sich die Erreger in der Blutbahn ausbreiten und zum Beispiel eine Sepsis hervorrufen.
Bei der Erkrankung sind die Entzündungswerte wie C-reaktives Protein und Leukozyten erhöht. Zu den Symptomen gehören Schmerzen, Schwellungen, Überwärmung, Rötung sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit des Gelenks. Die Entzündungen können das betroffene Gelenk zerstören. Die Folge können dauerhafte Fehlstellungen und Behinderungen sein. Eingesetzt in der medikamentösen Therapie werden derzeit unter anderem nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), COX-2-Hemmer, Glucocorticoide sowie Methotrexat und Sulfasalazin als sogenannte Basistherapeutika.
Algen sind eukaryotische Lebewesen, deren Inhaltsstoffe beispielsweise in der Lebensmittelindustrie als Verdickungs- und Geliermittel eingesetzt werden. Pharmazeutisch finden Alginate Verwendung in der Wundheilung, da sie unter anderem einen wundreinigenden sowie blutstillenden Effekt haben. Auf dem Markt sind derzeit Wundauflagen; beim Kontakt mit Wundexsudat kommt es zu einem Ionenaustausch. Das Alginat gibt zweiwertige Calcium-Ionen ab und nimmt hingegen einwertige Natrium-Ionen auf. Aufgrund dessen bildet sich aus der trockenen Calciumalginatfaser ein lösliches, hydrophiles Natriumalginat-Gel, das nicht mit der Wunde verklebt.
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