Blutplasma könnte eine Option zur Behandlung von Patienten mit Covid-19 darstellen. Mehrere Unternehmen arbeiten an Therapiemöglichkeiten, die auf Blutplasma basieren. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht das Verfahren als vielversprechend an.
So arbeitet beispielsweise Biotest an einem Medikament für Corona-Patienten auf Basis von menschlichem Blutplasma. Mit der Ausbreitung von Covid-19 hätten immer mehr potenzielle Plasmaspender schon Antikörper gegen die Lungenkrankheit entwickelt, teilte das Unternehmen mit. Man sei nun dabei, so schnell wie möglich Plasma von genesenen Spendern zu sammeln und entwickle einen neuen Test für die Proben. Die Spenden mit den meisten Antikörpern könnten dann in einem Pool zu einem neuen „Hyperimmunglobulin“ gegen die Lungenkrankheit verarbeitet und bei schweren Verläufen eingesetzt werden.
Für das neue Corona-Medikament, das noch in diesem Jahr eingesetzt werden soll, kooperiert Biotest mit Branchenunternehmen weltweit. Es habe das Potenzial, bei Personen mit schwerwiegendem Verlauf „wirksam zu helfen“, so Biotest. Dabei sei man auf möglichst viele Plasma-Spenden von genesen Corona-Patienten angewiesen, deren Blut hohe Mengen an Antikörpern enthalte, die das Virus neutralisieren.
Auch ein italienisches Biotech-Unternehmen hat mit der Entwicklung einer plasmabasierten Therapie begonnen: Kedrion Biopharma nutzt innovative Technologie, um die Marktreife zu beschleunigen. Bereits in drei bis sechs Monaten soll die Therapie für Patienten zur Verfügung stehen. Dazu werden große Mengen an Kapital und Ressourcen in das Vorhaben investiert. Unter anderem arbeitet Kedrion eng mit Krankenhäusern in einigen der am schlimmsten betroffenen Regionen Italiens zusammen. „Mit dem Plasma von ungefähr 100 Patienten, die sich von Covid-19 erholt haben, werden wir eine Dosierung entwickeln, die entweder intravenös oder intramuskulär verabreicht werden kann“, erklärte Alessandro Gringeri von Kedrion.
Diese plasmabasierte Immunglobulintherapie eigne sich sowohl für Covid-19-Patienten als auch zur vorübergehenden passiven Immunisierung des Gesundheitspersonals. Letztere Option würde einen hohen Wirkungsgrad versprechen. In China wurde in Krankenhäusern bereits reines Blutplasma verabreicht. Der italienische Prototyp dagegen ist ein Plasmaderivat, das sich als besonders wirkungsvoll zur Behandlung schwerkranker Patienten erweisen könnte.
„Unser möglicher Pioniervorteil ergibt sich aus dem innovativen technologischen Prozess, den wir anstreben. Im Gegensatz zur herkömmlichen Methode, die in der Branche als ,Fraktionierung' bezeichnet wird, werden dabei kleinere Mengen an Plasma verarbeitet. Normalerweise wären dafür Tausende Liter nötig“, sagte Gringeri. Durch die Kooperation mit den italienischen Krankenhäusern werde man in der Lage sein, die Wirksamkeit der Antikörper aus Konvaleszenten-Plasma zu beurteilen, um sie besser in das fertige Hyperimmun-Immunglobulinprodukt zu integrieren. Das Unternehmen hofft daher, der erste Anbieter auf dem Weltmarkt zu sein: Dafür befinde man sich bereits in Gesprächen mit den italienischen Gesundheitsbehörden. Schon bald sei auch der Kontakt mit der US-Arzneimittelbehörde FDA und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geplant, um ein Schnellverfahren anzustreben.
Auch hierzulande wird Blutplasma bereits hergestellt: Wie der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet, darf das Universitätsklinikum Erlangen als eine der ersten Einrichtungen in Deutschland therapeutisches Plasma zur Behandlung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten herstellen. „Aufgrund der äußerst positiven Resonanz auf unseren Spendenaufruf an ehemalige Corona-Patienten kann die Plasma-Produktion ab sofort starten", erklärt Professor Dr. Holger Hackstein, Leiter der Transfusionsmedizin. Das Klinikum hatte zu einer Blutplasma-Spende von ehemaligen Corona-Patienten aufgerufen. Innerhalb weniger Stunden hatten sich über 200 Personen gemeldet. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht das Verfahren als vielversprechend an.
Einige Studien zeigen bereits positive Ergebnisse einer Serumtherapie: In China wurden in einer Klinik fünf Patienten mit dem Blutplasma von Menschen, die bereits genesen sind, behandelt – alle fünf überlebten den schweren Krankheitsverlauf. Alle erhielten 400 ml Blutplasma, welches am gleichen Tag aus dem Blut der Genesenen gefiltert worden war. Die Spender waren seit mindestens zehn Tagen genesen, im Blut zeigten sich hohe Konzentrationen von IgG-Antikörpern.
Alle Empfänger zeigten schwere Covid-19-Verläufe: Die Patienten waren zwischen 36 und 65 Jahre alt. Vor der Serumtherapie hatten sie bereits verschiedene antivirale Wirkstoffe und Steroide erhalten – jedoch ohne Besserung. Aufgrund der Schwere mussten alle künstlich beatmet werden.
Innerhalb von drei Tagen normalisierte sich die Körpertemperatur bei vier von fünf Patienten, außerdem zeigte sich eine Besserung der Organfunktionen und der Lungenfunktion. Verschiedene entzündliche Biomarker gingen ebenfalls zurück. Bei allen Patienten kam es zu einem Rückgang der Viruslast: Die anschließend durchgeführten Tests fielen bei einem Patienten bereits einen Tag nach der Infusion negativ aus, bei zwei weiteren waren sie nach drei Tagen negativ, die beiden übrigen Patienten waren nach zwölf Tagen virusfrei.
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