AMK-Meldung

Missbrauchspotenzial: Cannabis in der Apotheke Alexandra Negt, 17.01.2020 07:58 Uhr

Cannabis kann seit März 2017 verschrieben werden. Die Droge birgt ein Missbrauchspotenzial. Deuten die Patientenangaben auf eine Abhängigkeit hin, kann die Abgabe in letzter Konsequenz verweigert werden. Foto: Science Foto Library
Berlin - 

Seit 2017 kann medizinisches Cannabis regulär vom Arzt verschrieben werden. Abgegeben werden neben den Blüten auch Extrakte und Kapseln. Da Cannabis und das enthaltene Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) potenziell missbräuchlich angewendet werden können, informiert die Arzneimittelkommission (AMK) über Merkmale eines Abusus und den Umgang mit Abhängigen. Die AMK betont, dass Apotheken eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Vermeidung von Arzneimittelrisiken bei Cannabis zukommt.

Das pharmazeutische Personal ist in zahlreiche Prozesse eingebunden, die Hinweise auf einen kritischen Gebrauch oder Missbrauch geben können – ein Missbrauchsverdacht sollte gemeldet werden. Bislang liegen keine Verdachtsfälle vor. Die AMK gibt Beispiele, die einen Missbrauch vermuten lassen könnten. Die Indikatoren sind im Leitfaden „Arzneimittelmissbrauch“ der Bundesapothekerkammer (BAK) aus dem Jahr 2018 nachzulesen.

Beispiele die einen Missbrauch vermuten lassen könnten:

  • Feststellung gefälschter Verordnungen
  • Versuch die Rezepturzubereitung zu beeinflussen
  • Zweifelhafte Gebrauchsanweisung
  • Fehlerhafte Verordnung
  • mangelnde Dosiergenauigkeit
  • Verordnung von mehreren wohnortfernen Ärzten
  • Beschaffung aus mehreren wohnortfernen Apotheken
  • Reklamation von bereits abgegebenen Arzneimitteln (Minderbefüllung oder Wirkungslosigkeit)
  • Striktes Beharren auf THC-reiche Sorte

Mögliche Fragen die einen Verdacht aufklären können:

  • Aus welchem Grund wird das Arzneimittel angewendet?
  • Seit wann und wie wird das Arzneimittel konkret eingenommen?
  • Musste in der Vergangenheit die Dosierung erhöht werden, um weiterhin den gewünschten Effekt zu erreichen?
  • Wurde das Arzneimittel schon einmal bewusst abgesetzt, und was ist dabei passiert?

Wirksamkeit wird untersucht

Zur Anwendung von Cannabisblüten und -extrakten liegen bisher nur begrenzte Informationen zu Wirksamkeit und Sicherheit vor. Eine Begleiterhebung über fünf Jahre soll Aufschluss darüber geben, ob die Anwendung Cannabis-haltiger Arzneimittel wirksam und sicher ist. Hierzu melden Ärzte dem BfArM anonymisierte Daten zur Therapie mit Cannabisarzneimitteln. Nach fünf Jahren werden diese dann ausgewertet. Im Anschluss könnte laut BfArM eine grundsätzliche Einschätzung erfolgen, ob die Anwendung von Cannabisarzneimitteln in nicht zugelassenen Indikationen mehr Chancen als Risiken birgt.

Zwischenanalyse

28,5 Prozent der Anwender beenden die Therapie vorzeitig. Insbesondere Schmerzpatienten brechen die Therapie vorzeitig ab. Häufigster Grund mit knapp 40 Prozent: die nicht ausreichende Wirksamkeit. Ein weiterer Grund ist die Stärke der Nebenwirkungen – Müdigkeit, Schwindel und Übelkeit gehören zu den häufigsten. Bis Ende September 2019 erhielt die AMK 38 Verdachtsmeldungen zu unerwünschten Wirkungen. In über 80 Prozent der Fälle traten diese bei der Anwendung von Rezepturarzneimitteln zur Inhalation auf. Es kam zu Husten bis hin zur Atemnot, Hals- und Rachenbeschwerden sowie Migräne. Ein erhöhter Anteil von Cannabissamen wurde für die schlechte Verträglichkeit verantwortlich gemacht.

Blüten und wirksame Bestandteile

Cannabisblüten bestehen aus den blühenden, getrockneten Triebspitzen der weiblichen Pflanze von Cannabis sativa L. (Cannabaceae). Die zwei hauptsächlich an der Wirkung von Cannabis beteiligten Inhaltsstoffe heißen Delta-9-Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol. Der Gehalt an Delta-9-Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol variiert je nach Sorte.