Missbrauch und Sucht: Neue Vorgaben bei Tramadol Nadine Tröbitscher, 13.09.2024 14:57 Uhr
Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert, müssen auf Grundlage eines Beschlusses der Koordinierungsgruppe (CMDh) der Europäischen Arzneimittelagentur die Fach- und Gebrauchsinformationen von Arzneimitteln mit Tramadol angepasst werden. Genau geht es um neue Hinweise zu Behandlungsplänen, Suchtpotenzial und Wechselwirkungen.
Tramadol gehört zu den zentral wirkenden synthetischen Opioid-Analgetika und kommt bei mittelstarken bis starken Schmerzen zum Einsatz. Der Wirkstoff bindet an die körpereigenen Opioid-Rezeptoren und hemmt zugleich die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin in die Nervenzellen, wodurch deren Konzentration im synaptischen Spalt steigt. Die Anwendung sollte so kurz wie möglich erfolgen. Der Grund: Es besteht ein Missbrauchs- und Suchtpotenzial.
Und genau darauf müssen Patient:innen künftig hingewiesen werden, wie das BfArM im Hinblick auf die anstehenden Änderungen der Fach- und Gebrauchsinformationen weiter informiert. Auch neue Hinweise auf Wechselwirkungen zwischen Tramadol und Gabapentin und Pregabalin sind ab sofort Pflicht.
Missbrauchs- und Suchtpotenzial
Ähnlich wie bei anderen Opioid-haltigen Arzneimitteln soll nun auch bei Präparaten mit dem Wirkstoff Tramadol explizit auf die Risiken einer Gewöhnung sowie das Suchtpotenzial hingewiesen werden:
„Gewöhnung, Abhängigkeit und Sucht
Dieses Arzneimittel enthält Tramadol und ist ein Opioid-Arzneimittel. Die wiederholte Anwendung von Opioiden kann dazu führen, dass das Arzneimittel weniger wirksam wird (Sie gewöhnen sich daran, was als Toleranz bezeichnet wird)“, muss es künftig in Abschnitt 2 der Packungsbeilage heißen. Und weiter: „Die wiederholte Anwendung von [Produktname] kann auch zu Abhängigkeit, Missbrauch und Sucht führen, was eine lebensbedrohliche Überdosierung zur Folge haben kann.“
Auch Hinweise auf die Anzeichen einer möglichen Sucht müssen eingefügt und Patient:innen außerdem darüber informiert werden, wann das Suchtpotenzial erhöht sein kann, beispielsweise bei Raucher:innen, Personen mit einer Sucht oder psychiatrischen Behandlung in der Familien- beziehungsweise Vorgeschichte.
Behandlungsplan und sichere Aufbewahrung
In den Fachinformationen wird das medizinische Personal angehalten, einen entsprechenden Behandlungsplan mitsamt Zielen und geplanter Beendigung der Behandlung vor und währenddessen mit den Patient:innen zu vereinbaren sowie über die Risiken und Anzeichen einer Opioidgebrauchsstörung aufzuklären.
Darüber werden Patient:innen auch entsprechend in der Packungsbeilage informiert und außerdem aufgefordert, Tramadol-haltige Arzneimittel an einem sicheren, abgeschlossenen Ort aufzubewahren, um den Zugriff durch andere Personen zu verhindern.
Wechselwirkungen zwischen Tramadol und Gabapentin/Pregabalin
Hinzukommt außerdem ein neuer Hinweis auf mögliche Wechselwirkungen mit Gabapentin und Pregabalin. So soll in Abschnitt 4.5 der Packungsbeilage ab sofort der Satz „Die gleichzeitige Anwendung von <Produkt> und anderen Depressiva des zentralen Nervensystems […] und Gabapentinoiden (Gabapentin und Pregabalin) kann zu Atemdepression, Hypotonie, starker Sedierung, Koma oder Tod führen.“ eingefügt werden. Ist bereits eine entsprechende Warnung vorhanden, soll diese entsprechend der Vorgabe umformuliert werden. Fehlt die Warnung bisher, kann sie beispielsweise nach dem bestehenden Wortlaut über Wechselwirkungen mit anderen zentral wirkenden Arzneimitteln, durch die die ZNS-Wirkungen verstärkt werden könnten, eingefügt werden, heißt es vom BfArM weiter.
Außerdem sollen Patient:innen darauf hingewiesen werden, ihre/n behandelnde/n Ärzt:in zu informieren, wenn sie Tramadol-haltige Arzneimittel zusammen mit Gabapentin oder Pregabalin zur Behandlung von Epilepsie oder neuropathischen Schmerzen anwenden.