Migräne gehört zu den häufigsten Kopfschmerzformen. Frauen sind dabei deutlich häufiger betroffen als Männer. Doch was gilt für Migränepatientinnen in Sachen Verhütung? Ist die Pille bei Migräne tabu oder können orale Kontrazeptiva trotzdem zum Einsatz kommen?
Geht es nach den „Medical eligibility criteria for contraceptive use“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sollten orale Kontrazeptiva bei Migränepatientinnen wenn überhaupt nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden. Konkret raten die Expert:innen, die Pille bei Patientinnen mit Migräne ohne Aura ab dem 35. Lebensjahr abzusetzen oder nur in Ausnahmefällen anzusetzen. Wer dagegen unter Migräne mit Aura leidet, sollte komplett auf die Pille – genau kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) – verzichten, und zwar unabhängig vom Alter.
Und auch hierzulande wird in der Leitlinie zur Empfängnisverhütung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) von der Nutzung der Pille unter Migräne abgeraten, allerdings nur bei Vorliegen einer Aura – kurzfristigen neurologischen Ausfällen wie Seh-, Sprach- und Sensibilitätsstörungen, die meist vor den Kopfschmerzen auftreten. Genau heißt es: „Bei Migräne mit Aura sollen kombinierte hormonelle Kontrazeptiva nicht verordnet werden. Beim Auftreten einer Migräne mit Aura unter Einnahme einer kombinierten hormonellen Kontrazeption soll die Einnahme beendet werden.“
Der Grund: Es könnte ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle bestehen. „Migräne mit Aura erhöht das Risiko für den ischämischen Hirninfarkt. Das bei Frauen mit Migräne mit Aura erhöhte Risiko für ischämischen Hirninfarkt wird durch die Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva weiter erhöht.“ Denn auch die Pille allein kann das Schlaganfallrisiko steigern.
Es kommt somit auf die Begleiterscheinungen an, ob trotz Migräne mit der Pille verhütet werden kann. Dies hat auch die Deutsche Kopfschmerz- und Migränegesellschaft (DMKG) bereits vor einigen Jahren in einer Stellungnahme deutlich gemacht: Für viele Betroffene, die unter Migräne ohne Aura leiden, ist eine Verhütung durch orale Kontrazeptiva demnach trotzdem möglich. Denn wie Studienergebnisse gezeigt hätten, sei das Schlaganfallrisiko bei ihnen generell nicht erhöht.
Alternativ kann laut Leitlinie sowie der DMKG zufolge sowohl bei Migräne mit als auch ohne Aura auf eine Pille, die ausschließlich Gestagen enthält – Minipille – zurückgegriffen werden, wenn kein weiterer Risikofaktor für einen Schlaganfall vorliegt. Tritt unter der Einnahme der Minipille eine Migräne mit Aura neu auf, sollte das Präparat jedoch wieder abgesetzt werden.
Notfallkontrazeptiva können unbedenklich auch von Migränepatientinnen genutzt werden, so die Empfehlung in der Leitlinie.
Migräne zählt zu den primären Kopfschmerzen. Der pochende oder pulsierende einseitige sehr starke Schmerz kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, denn die Attacken kommen anfallsweise und können vier bis 72 Stunden andauern. Während zwischen den ersten Anfällen mitunter mehrere Jahre liegen, können die Abstände im Laufe der Zeit immer kürzer und die Attacken heftiger werden. Zu den Begleiterscheinungen gehören neben einer Aura auch Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit.
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