Glioblastome

Methadon: Kein zusätzlicher Effekt bei Tumortherapie

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Berlin -

Methadon war in den vergangenen Jahren für Glioblastom-Patienten der Hoffnungsträger. Um den Drogenersatzstoff war als Booster der Chemotherapie ein Hype entbrannt. Eine am 19. März im Fachmagazin „Cancer Chemotherapy and Pharmacology“ veröffentlichte Studie der Universität Leipzig zeigt jedoch ein ernüchterndes Ergebnis.

Glioblastome sind die häufigste Form bösartiger Tumore des zentralen Nervensystems. Als Standardtherapie gilt die weitestgehende operative Entfernung der Tumore gefolgt von Strahlen- und begleitender Chemotherapie mit Temozolomid (TMZ). Die mediane Überlebenszeit von Glioblastom-Patienten beträgt 14,6 Monate.

Vor etwa fünf Jahren zeigte das Forscherteam um Dr. Claudia Friesen am Universitätsklinikum Ulm, dass Methadon die Chemotherapie der bösartigen Hirntumore unterstützen kann. Die Tumorzellen sollen auf ihrer Oberfläche Opioid-Rezeptoren ausbilden, an die der Drogenersatzstoff andocken kann. In der Folge soll die Zelle Kanäle für das Krebsmedikament öffnen und dieses dann in das Innere einströmen. Auf der anderen Seite soll das Zytostatikum die Krebszelle aktivieren, vermehrt Oberflächenrezeptoren für Methadon zu produzieren. Somit werde die Wirkung verstärkt, hieß es. Gesunde Zellen würden nicht angegriffen und blieben unversehrt.

Forscher der Universität Leipzig widerlegten jetzt den Booster-Effekt. Das Team wollte wissen, ob Methadon die Wirksamkeit der Standardtherapie erhöhen kann. Dazu wurden primäre Zellkulturen aus Hirnutumoren von sechs Glioblastompatienten angelegt und mit der Standardtherapie – Strahlen- und Chemotherapie – behandelt. „Wir haben erstmals neben den Tumor-Zellkulturen auch Kulturen gesunder Zellen der Patienten angelegt, um die Wirkung von Methadon auf beide Zelltypen zu vergleichen“, wird Studienleiter Professor Dr. Frank Gaunitz von der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zitiert.

Die Zellen wurden schließlich mit Methadon in unterschiedlichen Konzentrationen in Kombination mit Bestrahlung und TMZ behandelt und deren Lebensfähigkeit bestimmt. „Unsere Resultate zeigen, dass die Standardbehandlung wirksam ist, aber durch Methadon kein Zugewinn erzielt wird“, so Gaunitz. „Es dürfte auch nichts nützen, wenn ein Patient nur Methadon nimmt. Das würde erst in Konzentrationen wirken, die für den Körper tödlich sind.“ Um die Lebensfähigkeit von Glioblastomzellen zu reduzieren, seien Mengen an D,L-Methadon nötig, die auch für die gesunden Zellen toxisch sind. Eine Empfehlung für den Einsatz von Methadon zur Glioblastom-Therapie können die Wissenschaftler nicht geben. Gaunitz rät den Patienten von einer Selbstmedikation durch Methadon ab. Sollten Vorerkrankungen wie etwa eine Leberschädigung vorliegen, könne es schnell tödlich enden.

„Zudem konnten wir die Arbeiten von anderen Forschergruppen bestätigen, dass manche Tumorzellen bei niedrigen Methadon-Konzentrationen sogar schneller wachsen“, so Gaunitz.

Auch Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben vor etwa einem Jahr davon abgeraten, Methadon außerhalb von kontrollierten klinischen Studien einzusetzen. Die Wissenschaftler untersuchten ebenfalls den spezifischen Effekt von Methadon auf Glioblastomzellen. Die Zellen wurden entweder mit dem alkylierenden Zytostatikum TMZ oder Methadon oder einer Kombination aus beiden Substanzen behandelt. Als Kontrolle dienten unbehandelte Zellkulturen.

„Leider mussten wir feststellen, dass Methadon die Wirksamkeit der Chemotherapie nicht verstärkt. Das Opioid hat keinerlei sensibilisierende Wirkung für die bei Glioblastomen eingesetzte Standardtherapie mit TMZ“, erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe, Professor Dr. Wolfgang Wick, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg. Auch Methadon allein habe keinen nachweisbaren Effekt auf das Überleben oder Sterben der Krebszellen. Den Forschern zufolge könnte der Grund darin liegen, dass die meisten Glioblastomzellen keinen Opioidrezeptor haben: „Ohne Andockstelle an der Krebszelle keine Wirkung“, lautete die Botschaft.

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