Die Lieferengpässe zwingen auch die Behörden zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Metalcaptase (Penicillamin) erfüllt zwar nicht die Vorgaben zur Freisetzung; weil es aber keine Alternative gibt, darf der Hersteller Heyl das Präparat trotzdem in Verkehr bringen.
Bereits seit März 2022 liegt ein Lieferengpass zu Metalcaptase 150 mg vor, seit Januar ist auch Metalcaptase 300 mg betroffen. Grund sind laut Hersteller Produktionsprobleme.
Um den Mangel abzumildern, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nun das Inverkehrbringen von vier Chargen erlaubt, die eigentlich hinsichtlich der Freisetzung nicht der Spezifikation entsprechen: Bei der Freigabeprüfung setzten einzelne Tablette nicht wie vorgesehen 85 Prozent des Wirkstoffs innerhalb von 40 Minuten frei, sondern erst nach 120 Minuten.
Laut Bescheid des BfArM hat diese Abweichung jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Qualität des Arzneimittels. Es sei davon auszugehen, dass die Verweildauer der magensaftresistenten Tabletten im Dünndarm länger als 40 Minuten betrage. Die aus medizinischer Sicht bestehenden therapeutischen Alternativen stünden ebenfalls nicht in einem den Bedarf deckenden Umfang zur Verfügung. Daher erfolge die Gestattung, um die bestehenden Schwierigkeiten aufgrund des Lieferengpasses zu mildern und die Versorgungssicherheit zu stabilisieren.
Die Ausnahmezulassung gemäß § 4 Absatz 5 Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) ist befristet bis zum 30. Juni und betrifft folgende Chargen: 60591G011, 60592G012, 60593G013, 60594G014, 60595G015 und 60596G016. Die betroffenen Packungen werden voraussichtlich ab 10. Mai über den Großhandel verfügbar sein. Die Arzneimittelkommission (AMK) bittet Apothekerinnen und Apotheker, Patienten angemessen zu informieren und Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken zu melden.
Metalcaptase enthält 300 mg Penicillamin als Chelatbildner und dient einerseits zur Behandlung der von rheumatischen Erkrankungen wie Rheumatoider Arthritis, andererseits als Gegenmittel bei Schwermetallvergiftungen. Letztere können entweder Vergiftungen mit Blei, Quecksilber, Kupfer oder Zink als Ursache haben oder auch die Krankheit Morbus Wilson, bei der aufgrund eines Gendefekts die Ausscheidung von Kupfer über die Galle gestört ist.
Eine weitere Indikation ist Cystinurie mit nachgewiesener Cystinsteinbildung, bei der andere Maßnahmen wie Ernährung ohne die Aminosäure Methionin, regelmäßiges Trinken von viel Flüssigkeit oder die Verminderung des Säurewertes des Harns eine erneute Bildung von Cystin-Nierensteinen nicht verhindern konnten. Auch bei fortgeschrittenem Cystinsteinleiden mit besonderen Risiken, zum Beispiel nach Entfernung einer Niere, kann Metalcaplase eingesetzt werden. Laut Fachinformation gibt es auch begründete Hinweise dafür, dass auch die Sklerodermie auf eine Therapie mit Metalcaptase 300 mg anspricht.
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