Schlafstörungen

Melatonin: Eine Alternative zu Antihistaminika?

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Berlin -

Schlafstörungen betreffen mehrere Millionen Menschen in Deutschland. Betroffene können sich Abhilfe mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln wie beispielsweise H1-Rezeptorantagonisten oder Phytopharmaka verschaffen, in schweren Fällen können Benzodiazepine eingesetzt werden. Doch immer wieder ziehen Kunden auch Nahrungsergänzungsmittel (NEM) in Betracht, weil sie sich im Internet von der Wirkung überzeugt haben. Ein prominentes Beispiel ist Melatonin.

Melatonin ist ein Hormon und wird im Körper aus Serotonin produziert. Es steuert den Tag-Nacht-Rhythmus. Insbesondere bei älteren Menschen lässt die Melatonin-Produktion häufig nach, was zur Schlaflosigkeit führen kann. Doch Schlaflosigkeit ist nicht nur ein Problem älterer Menschen. Unter dem Namen Circadin (Medice) ist ein Präparat mit 2 mg Melatonin seit 2008 erhältlich. Die orale Bioverfügbarkeit von Melatonin liegt zwischen 1 und 37 Prozent. Die Substanz hat eine kurze Halbwertzeit (30 bis 45 Minuten), deshalb ist die Galenik von Circadin pharmakokinetisch vorteilhafter.

Das Hormon ist zur kurzfristigen Behandlung von Insomnien bei Patienten ab 55 Jahren indiziert. Der Schlaflosigkeit dürfen dabei keine erkennbaren medizinischen, psychischen oder umweltbedingten Ursachen zugrunde liegen. Das Arzneimittel wird einmal täglich ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit eingenommen. Die Anwendung sollte über drei Wochen erfolgen.

Allerdings unterliegen die Tabletten der Verschreibungspflicht, was eine Therapie in der Selbstmedikation ausschließt. Gibt es Alternativen? Melatonin ist nicht als OTC-Präparat erhältlich, dafür als NEM und diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke auf dem Markt. Letztgenanntes wird zur diätetischen Behandlung von Jet-Lag eingesetzt, aber nicht bei Schlafstörungen im engeren Sinne. Zu berücksichtigen ist, dass bei NEM keine Anwendungsgebiete genannt werden dürfen, da sie im klassischen Sinn nicht zugelassen werden. Deshalb gibt es auch keine Belege zur Wirksamkeit, Sicherheit und Unbedenklichkeit.

Bei der Einnahme solcher Präparate sollten eventuelle Interaktionen berücksichtigt werden. So wird Melatonin über das CYP1A2 zu 6-Hydroxymelatonin verstoffwechselt und kann durch bestimmte Arzneimittel beeinflusst werden. Dazu gehört beispielsweise der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Fluvoxamin, der bei gleichzeitiger Aufnahme die AUC von Melatonin um das 17-fache erhöht. Vorsicht ist auch geboten bei Patienten, die den CYP2D-Hemmer Cimetidin erhalten, der die Plasmakonzentrationen von Melatonin erhöht, da er dessen Metabolisierung hemmt.

Zudem ist bekannt, dass Zigarettenrauchen den Melatoninspiegel aufgrund der Induktion von CYP1A2 senken kann. Bei Patientinnen, die Östrogene, zum Beispiel in Form von Kontrazeptiva oder einer Hormonersatztherapie erhalten, kann der Melatoninspiegel durch Hemmung der Metabolisierung über CYP1A1 und CYP1A2 erhöht werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von CYP1A2-Induktoren wie Carbamazepin und Rifampicin kann eine Reduktion der Plasmakonzentration von Melatonin hervorrufen werden. Melatonin kann außerdem die sedierenden Eigenschaften von Benzodiazepinen und von Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika wie Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon verstärken. Im Gegensatz zu Benzodiazepinen beeinflusst Melatonin den REM- und den non-REM-Schlaf (Tiefschlaf) nicht.

In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2015 haben Wissenschaftler 19 doppelblind, placebokontrollierte klinische Studien ausgewertet, bei denen sowohl Kinder als auch Erwachsene Melatonin erhielten. Die Einschlafzeit verkürzte sich im Durchschnitt um 5,5 Minuten, die Gesamtschlafdauer verlängerte sich um 11,9 Minuten – die Effekte waren somit nur mäßig. Auch fehlen Daten zur Langzeitsicherheit von Melatonin.

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