Die Weiterleitung elektrischer Energie ohne Kabel – diese Idee haben Forscher der ETH Zürich in Form von Mikro-Robotern umgesetzt. Dr. Salvador Pané und seinen Kollegen vom Institut für Robotik und Intelligente Systeme (IRIS) ist es gelungen, winzige Partikel herzustellen, die durch Magnetfelder so präzise gesteuert werden können, dass Medikamente im Körper direkt zum Zielort gebracht werden könnten. Die Entdeckung bietet außerdem eine völlig neue Therapieoption: Durch direkte elektrische Stimulation von Zellen könnte in der regenerativen Medizin ein Fortschritt erzielt werden.
Die Mikrostruktur kann durch eine einzige Energiequelle somit nicht nur bewegt, sondern gleichzeitig zur Erledigung einer weiteren Aufgabe gebracht werden. Bis dahin war dies nur unabhängig voneinander möglich. Pané und sein Team haben ihre Forschungsresultate in der Wissenschaftszeitschrift „Materials Horizons“ publiziert.
Pané beschäftigt sich seit Jahren mit Mikro- und Nanorobotern, die durch elektromagnetische Felder stimuliert werden. Manche dieser Materialien sind aus verschiedenen Schichten aufgebaut, die jeweils eine andere Reaktion auf das angelegte magnetische Feld zeigen. „Eine Schicht reagiert auf das Feld, indem sie sich deformiert. Diese Materialien sind magnetostriktiv“, erklärt Pané. „Durch die Deformation gerät die zweite, sogenannte piezolektrische Schicht unter Druck und erzeugt dadurch ein elektrisches Feld.“
Diesen Effekt machen sich die ETH-Forscher zunutze: Sie ummantelten die Mikropartikel auf einer Seite mit zwei verschiedenen Metallschichten aus magnetostriktivem Kobalt-Ferrit und piezoelektrischem Bariumtitanat. Wenn ein magnetisches Feld um die Partikel herum erzeugt wird, dehnt sich die innere Schicht aus, die äussere Schicht wird deformiert und generiert daraufhin ein elektrisches Feld um die Mikropartikel.
Die Mikroroboter sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Hälften nach dem doppelköpfigen römischen Gott Janus benannt. Bewegt werden die Janus-Partikel mittels rotierender Magnetfelder. Wird das Magnetfeld verändert, erzeugen die Mikroroboter ein elektrisches Feld.
Damit eröffnet sich ein breites Anwendungsfeld, insbesondere in der Medizin. „Wir könnten die Mikroroboter beispielsweise mit Medikamenten bestücken und gezielt zu Krebstumoren im Körper lenken, wo sie durch den Stimulus des elektrischen Feldes ihre Fracht abladen“, erklärt Pané. Damit könnten Nebeneffekte von Krebsmedikamenten praktisch ausgeschlossen werden, weil nur Krebszellen angegriffen würden. „Das könnte die Effizienz der Krebstherapien deutlich steigern.“ Andere Anwendungen wie die drahtlose elektrische Stimulation von Zellen könnten nach Ansicht der Forscher beispielsweise in der regenerativen Medizin eingesetzt werden.
Bis die Mikroroboter tatsächlich als Transportmittel für Medikamente eingesetzt werden können, sind viele offene Fragen zu beantworten. So ist noch nicht geklärt, welche Struktur oder Materialkombination die besten magnetoelektrischen Eigenschaften aufweist.
Zudem müssen die Mikroroboter hinsichtlich ihrer Verträglichkeit im menschlichen Körper geprüft werden. Als Beispiel nennt der Forscher das Risiko von Korrosion: „Sie wird in diesem Mikro- und Nanobereich oft übersehen, muss aber genau erforscht werden.“
Korrosion kann nicht nur die Funktion eines Geräts beeinträchtigen, sondern auch Verunreinigungen verursachen. „Wir müssen also genau hinschauen, wenn wir eine Technologie zu einer medizinischen Anwendung bringen wollen“, betont Pané.
Sein Team beschränkt sich deshalb bei der Entwicklung von Mikro- und Nanorobotern nicht nur auf die technische Machbarkeit, sondern erforscht auch die Verträglichkeit, Toxizität und Effizienz der Roboter. Pané ist überzeugt, dass die Mikroroboter eines Tages das Potenzial besitzen, im Bereich der Biomedizin einen wichtigen Beitrag zu leisten.
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