Österreich

Mediziner fälschte Studie dpa, 16.09.2008 14:40 Uhr

Innsbruck - 

Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit einer umstrittenen Inkontinenz-Studie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Staatsanwalt Wilfried Siegele bestätigte am Montag, dass gegen den Hauptautoren der Studie zur Therapie von ungewollten Harnverlust, Professor Dr. Hannes Strasser, wegen des „Verdachts auf Körperverletzung und die Gefährdung der körperlichen Sicherheit“ ermittelt werde. Die Untersuchungen dürften „mehrere Monate“ in Anspruch nehmen, betonte Siegele.

Auslöser für das Verfahren war nach Medienberichten eine Anzeige der österreichischen Gesundheitsbehörde AGES. Sie hatte die unter anderem vom britischen Wissenschaftsmagazin „The Lancet“ veröffentlichte Studie Strassers untersucht und den Vorwurf des Wissenschaftsbetrugs und der Dokumentenfälschung gegen den Mediziner erhoben. Strasser hatte in dem Magazin über sensationelle Behandlungserfolge bei Inkontinenz mit Hilfe einer neuen Stammzellentherapie berichtet, bei 90 Prozent aller Patienten sei Besserung eingetreten. Für die Behandlung hatten die Innsbrucker von ihren Patienten Gewebe aus dem Oberarm, gewannen daraus Muskelzellen und spritzten diese dann in deren erschlafften Blasenschließmuskel.

Die Ergebnisse waren offensichtlich schamlos geschönt. Renommierte Urologen an anderen Kliniken, die sich an der Methode versuchten, konnten auch nicht annähernde Ergebnisse vermelden. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ etwa erzielten Mediziner des Klinikums rechts der Isar in München nur in einem von 14 Fällen eine langfristige Heilung. Auch andere Experten hatten starke Zweifel.

Noch dazu war die Studie von der Ethikkommission der Innsbrucker Medizin-Universität nicht genehmigt, obwohl dies für Versuche an Menschen erforderlich wäre. Auch die Patienten wurden vor der Behandlung angeblich nicht einmal richtig aufgeklärt, die dazu noch kostspielig war: Immerhin mussten Patienten, darunter nicht wenige aus Deutschland, bis zu 14.000 Euro aus der eigenen Tasche dazuzahlen. 9000 davon sollen an eine Biotech-Firma gegangen sein, an der Strasser persönlich beteiligt war.

Strasser ist von der Krankenversorgung abgezogen und von der Medizin-Universität suspendiert worden. Kurz nach Bekanntwerden des Falles hatte der Innsbrucker Universitätsrat den deutschen Rektor der Medizinischen Universität, Professor Dr. Clemens Sorg, abgesetzt. Ihm wurde unter anderem Pflichtverletzung vorgeworfen. In den Medien hieß es allerdings, Sorg habe seinen Posten verloren, weil er den Forschungsskandal habe aufdecken wollen.