Cannabis im Apothekenalltag Deniz Cicek-Görkem, 03.03.2017 14:26 Uhr
In Kürze übernehmen die Krankenkassen die Therapiekosten für Cannabis, wenn positive Wirkungen auf den Krankheitsverlauf zu erwarten sind. Dabei entscheidet der Arzt, wann die Therapie sinnvoll ist. Der Patient muss vorher einen Antrag bei der Krankenkasse stellen. So funktioniert das System im Apothekenalltag.
Wenn der Arzt sich für eine Behandlung mit Cannabis entschieden hat, erhält der Patient ein Betäubungsmittelrezept (BtM). Um zügig mit der Therapie beginnen zu können, muss er vor der erstmaligen Anwendung bei seiner Kasse einen Antrag für die Kostenübernahme stellen. Diese muss innerhalb von drei Wochen entscheiden; wenn der medizinische Dienst einbezogen wird, sind es fünf Wochen. Bei Palliativpatienten darf das Genehmigungsverfahren nicht länger als drei Tage dauern.
„Die Versorgung der Patienten wird über die Apotheke ablaufen und nicht über Dritte”, sagt Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Denn Cannabis-Präparate sollen nur in Arzneimittelqualität abgegeben werden. Die Qualitätssicherung werde durch die Pharmazeuten gewährleistet.
„Für Cannabis werden keine neuen Regularien geschaffen”, so Cremer-Schaeffer. Die von anderen anderen Betäubungsmittel wie Morphin und Oxycodon bekannten Bestimmungen zu Dokumentation, Aufbewahrung und Vernichtung gelten daher auch für Cannabis. Verfallen Ausgangsstoffe für die Rezepturherstellung, muss deren Vernichtung protokolliert werden. Dies gab es in der Vergangenheit selten: Dronabinol und Extrakt werden faktisch vorkonfektioniert geliefert, dasselbe gilt für die Blüten.
Cannabis können alle Patienten erhalten, bei denen andere Therapien nicht anschlagen. Mögliche Einsatzgebiete sind Schmerzen, Spasmen infolge von MS, Übelkeit sowie der Einsatz zur Appetitsteigerung. „Das Gesetz legt bewusst keine Indikation fest”, betont Cremer-Schaeffer. Die Verantwortung werde vollständig in die Hände der Ärzte gelegt. Letztlich sei es die Entscheidung des Arztes, ob, wie und bei welcher Indikation Cannabis eingesetzt werde.
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, sollen sich Ärzte auch über die möglichen Darreichungsformen erkundigen. Professor Dr. Karl Broich, Präsident des BfArM, spricht sich für eine Aufklärung der Ärzte aus, um auch bestehende allgemeine Unsicherheiten zu beseitigen. Dies könne zum Beispiel in Form einer Liste mit Fragen und Antworten geschehen.
Laut Cremer-Schaeffer rät die wissenschaftliche Literatur vom Rauchen der Cannabisblüten ab, empfiehlt dagegen die Inhalation. Vaporisatoren werden ebenfalls ab März als medizinische Hilfsmittel anerkannt und erstattet. Für die Extrakte sei eine orale Aufnahme vorgesehen in Form von Tropfen und öligen Rezepturen.