Arzneimittelsicherheit

Medikationsfehlern auf der Spur

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Berlin -

Fehler passieren, das ist eine Binsenweisheit. Beim Umgang mit Arzneimitteln können Fehler jedoch schlimme Folgen haben. Deshalb soll genauer untersucht werden, warum Fehler im Medikationsprozess geschehen. Gleich zwei Projekte fördert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) derzeit – die Apotheker sind aber bei keinem dabei.

Das Projekt der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) läuft bereits seit Januar. Mit dem Pilotprojekt soll untersucht werden, wie Medikationsfehler innerhalb eines Spontanmeldesystems systematisch erfasst und bewertet werden können. Im Rahmen der bereits existierenden Strukturen der Spontanerfassung von Nebenwirkungen sollen nun auch Meldungen von Medikationsfehlern erfasst werden.

Dabei geht es besonders um ärztlich berichtete Fehler, die zu einem Schaden beim Patienten geführt haben. Aber auch Fallberichte aus anderen Quellen oder Berichte zu Fehlern, die zu keinem Schaden geführt haben, sollen erfasst und bewertet werden. Interessante und wichtige Fälle sollen der Fachöffentlichkeit mitgeteilt werden.

Für das Pilotprojekt wurde ein angepasster Berichtsbogen erstellt. Neben den bekannten Kategorien wie Beschreibung der Nebenwirkung und Angaben zu den Arzneimitteln sollen die Ärzte auch mitteilen, welcher Art der Fehler oder das erkannte Risiko ist. Die erhobenen Daten sollen von der AkdÄ quantitativ und qualitativ ausgewertet werden.

Das AkdÄ-Projekt erfolgt in enger Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das auch das zweite Projekt leitet. Dabei sollen an den Notaufnahmen der Universitätskliniken in Bonn, Fürth und Ulm für jeweils ein Jahr alle Fälle identifiziert werden, in denen die Aufnahme möglicherweise, wahrscheinlich oder sicher mit einer Unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) zusammenhängt.

Der Studienstart an der ersten Klinik ist derzeit für September geplant. Beim BfArM rechnet man damit, an jeder Klinik rund 30.000 Fälle zu analysieren beziehungsweise insgesamt etwa 9000 UAW-Fälle.

Im Fall von vermeidbaren Medikationsfehlern soll der Studienarzt recherchieren, auf welche Ebene der Prozesskette der Fehler aufgetreten ist – bei der Verschreibung, der Abgabe oder der Anwendung. Außerdem sollen die Fehler kategorisiert und anschließend ermittelt werden, welche Ursachen der Fehler hatte und welche begünstigenden Faktoren ihm zugrunde lagen.

Obwohl bislang wenig Daten zu Medikationsfehlern vorliegen, sind sie ein ernstes Problem. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt laut BfArM, dass bis zu 10 Prozent der stationären Aufnahmen auf UAW zurückzuführen sind. Ein Fünftel davon wird demnach durch grundsätzlich vermeidbare Fehler verursacht.

In einer deutschen Studie aus dem Netzwerk der regionalen Pharmakovigilanzen wurde eine Inzidenz für nebenwirkungsbedingte, stationäre internistische Aufnahmen von 3,25 Prozent gefunden. Ebenfalls ein Fünftel davon wird als vermeidbar eingestuft. Damit seien auch Kosten in Höhe von 87 Millionen Euro im Jahr vermeidbar, so das BfArM.

Studien aus anderen Ländern bestätigen die Bedeutung: In den Niederlanden wurden 334 Fälle vin UAW-assoziierten Notaufnahmen analysiert, mit vergleichbarem Ergebnis. Eine australische Studie erfasste 370 UAW-bedingte Krankenhauseinweisungen, ging jedoch davon aus, dass lediglich 4 Prozent vermeidbar gewesen wären. Analysen aus Belgien und Irland führten hingegen sogar Raten von bis zu 50 Prozent vermeidbarer Fehler auf.

Laut BfArM ist die Beachtung und Minimierung von Medikationsfehlern „für das öffentliche Gesundheitswesen geboten und für die Forschung von zunehmender Bedeutung“. Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang die Neudefinition von „Nebenwirkung“, die mit einer EU-Richtlinie im Jahr 2012 vorgenommen wurde.

Seit der Änderung dieser Richtlinie fallen auch Nebenwirkungen, die außerhalb der Zulassungsbedingungen auftreten, unter den Begriff – also Überdosierungen, Fehlgebrauch, Missbrauch, Medikationsfehler sowie die berufliche Exposition. Umso wichtiger wurde damit die Definition von „Medikationsfehler“.

Zwar gibt es dem BfArM zufolge bislang keine einheitliche und akzeptierte Definition für Medikationsfehler, aber zumindest eine Arbeitshilfe der EU. Entscheidend ist demnach ein unbeabsichtiges Handeln – anders als bei Off-Label-Use oder Missbrauch – und eine Anwendung außerhalb der Zulassungsbedingungen. Ob ein Schaden entsteht, ist hingegen nicht relevant. Aus Sicht des BfArM sollten im Gegenteil auch solche Fehler erfasst werden, die nicht zu einem Schaden geführt haben, oder nicht einmal aufgetreten sind, sondern lediglich potenziell gefährlich sind.

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