Max-Planck-Forscher

Malaria-Wirkstoff: Effizientere Herstellung gefunden

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Berlin -

Revolution oder Rohrkrepierer? Bei Ankündigungen, dem Killer Malaria ein Schnippchen zu schlagen, werden Experten immer hellhörig. Was taugt die jüngste Idee von Max-Planck-Forschern?

Max-Planck-Forscher aus Magdeburg und Potsdam sind voller Optimismus, dass sich der Hauptwirkstoff gegen Malaria kostengünstiger produzieren lässt. Nach eigenen Angaben haben sie dafür mit Hilfe grüner Chemie das Verfahren verbessert. Dabei werde Artemisinin als wichtigster Wirkstoff für die Malaria-Bekämpfung schneller, umweltfreundlicher und effizienter als bisher aus der Beifuß-Pflanze gewonnen, sagte Professor Dr. Peter Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam, am Mittwoch in Berlin. „Diese Entwicklung hat das Potenzial Millionen Leben zu retten.“ Andere Experten bleiben vorsichtiger.

Malaria zählt neben Tuberkulose und HIV zu den großen Killern der Menschheit. Die Krankheit wird überwiegend in Afrika, Asien und Südamerika durch Anopheles-Mücken übertragen. Erreger sind Parasiten der Gattung Plasmodium. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gab es 2016 rund 216 Millionen Neuerkrankungen, 445.000 Menschen starben an der Tropenkrankheit – etwa 90 Prozent davon in Afrika.

Für die Entwicklung von Artemisinin aus der Beifuß-Pflanze erhielt die chinesische Forscherin Tu Youyou 2015 den Medizin-Nobelpreis. Die neue Technik sei „ein Durchbruch bei der Artemisinin-Produktion“, sagt Seeberger nun. Das verbesserte Verfahren biete die Chance, die Herstellung von Malariamedikamenten zu revolutionieren. Denn durch eine ausreichende und effizientere Wirkstoff-Produktion würden Arzneien gegen Malaria auch für Menschen in Entwicklungsländern erschwinglicher.

Professor Dr. Jürgen May vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) würde es freuen, wenn den Kollegen ein Durchbruch gelungen wäre. „Revolutionen sieht man aber häufig erst ein paar Jahr später - im Rückblick“, schränkt er ein. Bei Malaria habe es schon viele Erfolgsmeldungen gegeben, die sich nicht bestätigten. May nennt seine Reaktion „vorsichtig optimistisch“. Jedes brauchbar neue Verfahren für Artemisinin sei aber erst einmal sinnvoll und gut.

Für May wäre allerdings die erfolgreiche Entwicklung eines synthetischen Wirkstoffs gegen Malaria etwas, das er eher mit Revolution verbindet. Das sei aber nicht in Sicht. „Es besteht auch die Gefahr, dass Artemisinin nicht das Allheilmittel der Zukunft ist“, ergänzt er. Bereits heute gebe es Warnsignale aus Südostasien, wo sich Resistenzen gegen den Wirkstoff ausbilden. „Und dann bekommen wir ein Riesenproblem.“

Das sieht auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen so. „Es müssen neue Mittel im Kampf gegen die Krankheit entwickelt werden“, sagt Marco Alves, Koordinator der Medikamentenkampagne in Berlin. „Ein Schwerpunkt sollte daher auch auf der Forschung liegen.“ Bei den Max-Planck-Forschern ist die Freude über ihre Entdeckung aber erst einmal groß. Den Schlüssel zur Verbesserung der bisherigen Methode zur Artemisinin-Gewinnung fand die 27-jährige Doktorandin Susanne Triemer am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg.

Die Chemieingenieurin kopierte und beschleunigte den natürlichen Prozess, den die einjährige Beifuß-Pflanze in der Natur zur Produktion von Artemisinin anwendet. Ausgangsstoff ist ein in der Pflanze enthaltener Vorläufer der Artemisininsäure. Statt künstlicher Chemie wie bisher nutzte Triemer für die industrielle Gewinnung des Wirkstoffs aus geernteten Pflanzen Licht, Luft und den vorhandenen natürlichen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll. Das dauere weniger als 15 Minuten. Das Verfahren ist nach Angaben der Wissenschaftler wesentlich effizienter als die bisherige Technik.

Die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung wollen die Forscher mit einem Start-Up im US-Staat Kentucky sofort in die Praxis umsetzen. Ab 2019 werde dort auf 2500 Hektar Beifuß angebaut, der Wirkstoff werde nach der Ernte auch dort gewonnen. Geht die Rechnung auf, sollen in Kentucky in Zukunft 15 000 Hektar Beifuß angebaut werden. Nach Seebergers Angaben ist das genug für den weltweiten Bedarf an Malaria-Medikamenten. Seebergers Enthusiasmus ist ungebremst. Artemisinin sei auch für manche Krebstherapien interessant, sagt er. Wenn nicht mehr alles für Malaria gebraucht werde, sieht er schon neue Märkte.

Seine Vision ist es, den heute schwankenden Marktpreis zu stabilisieren und langfristig zu senken. Nach seinen Angaben kostet ein Kilo Rohmasse Artemisinin heute rund 200 Dollar. Angebaut werde heute vor allem in Asien. Die Gewinne aber mache der Zwischenhandel, bei den Bauern bleibe kaum etwas hängen.

May vom BNITM hätte es sinnvoller gefunden, eine verbesserte Produktion von Artemisinin in Entwicklungsländern anlaufen zu lassen, die gegen Malaria kämpfen. „Ich weiß, das ist nicht einfach“, sagt er. Anbau, Ernte und Verarbeitung von Beifuß-Pflanzen hält er aber für machbar. „Bei den Kentucky-Plänen müssen Entwicklungsländer die Medikamente immer noch aus dem Ausland einkaufen“, kritisiert er.

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