Kardiovaskuläre Primärprävention

Low-dose-ASS: Einsatz nur noch eingeschränkt?

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Berlin -

Niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (ASS) ist fester Bestandteil der Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der Primärprävention ist der Einsatz jedoch umstritten. Die „US Preventive Services Task Force“ (USPSTF) will die kardiovaskuläre Primärprävention mit Low-dose-ASS nun einschränken – der Empfehlungsgrad wurde zurückgenommen, gegen Darmkrebs sehen die Expert:innen gar keine Empfehlung mehr.

Die europäischen Fachgesellschaften raten im Allgemeinen von der Primärprävention mit niedrigdosierter ASS ab. In den USA sehen die Expert:innen jedoch einen gewissen Nutzen: Das American College of Cardiology und die American Heart Association empfehlen die ASS-Primärprävention aktuell bei ausgewählten Erwachsenen im Alter von 40 bis 70 Jahren, die ein erhöhtes Risiko auf eine atherosklerotische Erkrankung haben, aber kein erhöhtes Blu­tungs­risiko aufweisen“.

Low-dose-ASS für alle?

In den USA ist die Einnahme von ASS beliebt – auch ohne ärztliche Rücksprache. Nicht zuletzt, weil sich die USPSTF 2016 für einen breiten Einsatz von Low-dose-ASS ausgesprochen hatte: Der Empfehlungsgrad B gab an, dass es eine hohe Gewissheit für einen mäßigen Nettonutzen gibt – die Verordnung wurde von der USPSTF daher allen Erwachsenen im Alter von 40 bis 59 Jahren empfohlen, die ein 10-Jahres-Risiko auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung von 10 Prozent oder mehr und kein erhöhtes Blutungsrisiko haben.

Nun gibt es jedoch einen Wandel: Die aktuelle Task Force hat den Empfehlungsgrad heruntergeschraubt – aus B wurde C. Das bedeutet, dass die oben genannte Patientengruppe Low-dose-ASS nicht mehr verordnet bekommen soll. Stattdessen soll die Einnahme selektiv bei einzelnen Patient:innen erfolgen – basierend auf der Einschätzung des Arztes/der Ärztin und den Präferenzen des Patien­ten/der Patientin. Bei Erwachsenen über 60 Jahren wird von einer Neuverordnung gänzlich abgeraten – hier wurde Empfehlungsgrad D statt C ausgesprochen. Die Risiken durch die Blutungen könnten größer sein als ein geringer Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so die Task Force.

Neue Studienergebnisse lassen Empfehlungen wackeln

Basis für die neuen Empfehlungen ist ein Evidenzreport, der 13 randomisierte klinische Studien mit knapp 162.000 Patient:innen umfasst: Eine gepoolte Analyse zeigte, dass die Einnahme von niedrig dosierter ASS zwar das Risiko auf ein schweres Herz-Kreislauf-Ereignis um 10 Prozent senkt. Die Reduktion der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit und Gesamtmortalität war jedoch unsicher. Der absolute Nutzen der Primärprävention scheint damit gering zu sein. Die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Ereignissen ging in den Studien um 0,08 bis 2,5 Prozent zurück.

Zudem deuten Sensitivitätsanalysen darauf hin, dass der primärpräventive Nutzen sinkt, wenn bei den Patient:innen noch andere Risikofaktoren behandelt werden wie beispielsweise erhöhte Cholesterinwerte mit einer Statintherapie. In allen Altersgruppen war zudem ein erhöhtes Blutungsrisiko nachweisbar. Mit steigendem Alter nahm es zu: Die Metaanalyse ermittelt eine Zunahme von intrakraniellen Blutungen um 31 Prozent und eine Zunahme von extrakraniellen Blutungen um 53 Prozent.

Auch in Bezug auf die Primärprävention von Darmkrebs sieht die USPSTF keinen Zusatznutzen mehr: Die Studienergebnisse zeigten keinen erkennbaren Rückgang von Darmerkrankungen. Dennoch wird ein möglicher Effekt – beispielsweise bei höheren ASS-Dosen – derzeit noch in Studien untersucht. Bis zum 8. November wird der aktuelle Entwurf zur Diskussion gestellt, danach wird eine endgültige Empfehlung der USPSTF veröffentlicht.

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