Kommentar

Lieferengpässe: Pharmazie am Ende

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Berlin -

Patienten sind auf ihre Medikamente angewiesen – und haben zu Recht wenig Verständnis dafür, wenn die Apotheke passen muss. Lieferengpässe gefährden nicht nur die Versorgung und damit die Therapie, sondern auf lange Sicht auch das Image der Apotheke. Denn allzu oft sind Apotheker nur noch Verwalter des Mangels – die pharmazeutische Kompetenz liegt brach und droht in Vergessenheit zu geraten.

Jeder kennt das Gespräch, erlebt täglich mehrfach solche Momente: Das Medikament ist nicht vorrätig, nicht zu bestellen und nicht zu ersetzen. Man kennt keinen Grund, hat keine Erklärung – versucht aber, dem Patienten die Situation verständlich zu machen. Was letztlich bleibt, ist den Kunden mit einem hilflosen Achselzucken zurück zum Arzt zu schicken. Auch wenn man sich als Apothekenmitarbeiter damit tröstet, nicht schuld an der derzeitigen Situation zu sein. Lieferengpässe sind eine Bankrotterklärung für den Berufstand.

Wenn Verkäufer in Klamottenläden die richtige Größe nicht liefern können, dann heißt es „schade“, dann hat man Pech. Von Apotheken dagegen wird Hilfe erwartet­ – Hilfe in Situationen, mit denen Laien oft überfordert sind, weil sie beispielsweise nicht einmal wissen, wie ihr Medikament ausgesprochen wird. Dass dieses fehlen könnte und auf keinem Wege zu bekommen ist, macht viele Kunden fassungslos. Dass Apotheken handlungsunfähig sind – nein, das kommt nicht vor. Handlungsunfähig zu sein ist der Anfang vom Ende der pharmazeutischen Kompetenz.

Apotheken sind mehr als Händler, sie sind Heilberufler und als solche Garanten der Versorgung. Die meisten Apotheker und PTA haben ihren Beruf gewählt, weil sie Menschen helfen wollen und gerne Probleme lösen. Was bleibt davon, wenn man nichts machen kann? Wie wird man dem eigenen Anspruch gerecht, wenn man wenig bis gar keinen Einfluss auf die Probleme und deren Lösung haben kann?

Es ist eine Bankrotterklärung für den gesamten Berufsstand, wenn Patienten auf eigene Faust eine Lösung zu finden versuchen. Wenn Versandapotheken unter Betroffenen als Alternative empfohlen werden, weil dort unter Umständen noch Restbestände zu finden sind. Wenn kranken Menschen beim Gang in die Apotheken damit rechnen müssen, dass das Personal regelmäßig nur mit leeren Händen dasteht. Dann wird in den Köpfen aus dem „überteuerten Einzelhändler“ auch noch der „hilfslose Schubladenzieher“.

Dass Apotheken mittlerweile viel Zeit und Aufwand investiert, um Lieferengpässe zu überbrücken, wissen viele Verbraucher nicht. Am Ende wird es ihnen auch egal sein. Vorwürfe, ob ausgesprochen oder nicht, belasten das Verhältnis zwischen Kunde und Apotheke.

Der Zustand im deutschen Gesundheitswesen sei „unwürdig“ und „beschämend“, kritisierten am Wochenende die Ärzte aus Hessen. Seit Jahren fordern die Heilberufler, dass endlich Maßnahmen ergriffen werden, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Die Politik will jetzt handeln. Sie muss sich beeilen, bevor die Menschen ihren Glauben verlieren, dass Ärzte und Apotheker ihnen immer helfen können.

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