Levothyroxin: Risiko für Knochenschwund erhöht Sandra Piontek, 02.12.2024 12:34 Uhr
US-Wissenschaftler:innen konnten anhand einer Studie belegen, dass Levothyroxin das Risiko von Knochendichteverlust bei älteren Erwachsenen erhöhen kann. Mögliche Folge: Osteoporose.
„Bei Personen mit eingeschränkter Schilddrüsenfunktion (Hypothyreose) ist die Produktion von Schilddrüsenhormonen gestört, und das Ziel der Behandlung besteht darin, sie wieder auf den Referenzbereich zu bringen“, erklärt die Studienhauptautorin Elena Ghotbi. Zur Therapie der Hypothyreose wird häufig ein Schilddrüsenersatzhormon eingesetzt – das Levothyroxin.
Das sogenannte „Prodrug“, das im Organismus in das Schilddrüsenhormon Triiodothyronin (T3) umgewandelt wird, ersetzt in dieser Form das körpereigene Schilddrüsenhormon und normalisiert dessen Konzentration. Eine wichtige Rolle spielt das Hormon unter anderem bei der Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion, des Nahrungsstoffwechsels und der Körpertemperatur. Wird Levothyroxin bei einer Unterfunktion der Schilddrüse eingesetzt, so können Symptome wie Energiemangel, Gewichtszunahme, Haarausfall, trockene Haut und ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit gelindert werden. Es können jedoch auch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.
Zusammenhang festgestellt
So fanden Wissenschaftler:innen in einer US-Studie heraus, dass Levothyroxin das Risiko für Knochenschwund erhöhen kann. Vorrangig seien davon ältere Erwachsene betroffen, so die Forscher:innen. Für die Studie untersuchten Radiologen, Endokrinologen und Epidemiologen der Johns Hopkins Medical Institutions in Baltimore (Maryland, USA) insgesamt 445 Senior:innen über 65 mit gesunder Schilddrüse. Dabei erhielten 81 Teilnehmer:innen das Schilddrüsenmedikament Levothyroxin und wiesen einen normalen Schilddrüsenhormonspiegel auf. Die restlichen 364 Beteiligten nahmen zum Studienzeitpunkt keine Schilddrüsenmedikamente ein.
Das Fazit: Die Wissenschaftler:innen konnten einen Zusammenhang zwischen L-Thyroxin und Knochendichteverlust feststellen. Dies passiere jedoch nicht „über Nacht“, sondern entwickele sich im Laufe der Zeit, so die Forschenden. Heißt konkret: „Nach durchschnittlich sechs Jahren Einnahme war bei den Beteiligten die Wahrscheinlichkeit von Verlust von Knochendichte und -masse höher, als bei denjenigen, die das Hormon nicht genommen haben“, erklärt Ghotbi. „Unsere Studie untersuchte nicht, warum den Menschen ursprünglich Schilddrüsenhormone verschrieben wurden, sondern nur, wie hoch die Werte während der Therapie waren.“
Ältere Menschen engmaschig überprüfen
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Einnahme von Levothyroxin selbst bei Einhaltung der aktuellen Leitlinien mit einem stärkeren Knochenschwund bei älteren Erwachsenen verbunden zu sein scheint“, bestätigt auch Dr. Shadpour Demehri, Co-Autor der Studie und Professor für Radiologie. Deshalb rät Co-Autorin Dr. Jennifer Mammen, Associate-Professorin für Endokrinologie: „Ältere Patienten sollten ihre Schilddrüsenfunktion regelmäßig überprüfen lassen und der Arzt sollte immer wieder eine Nutzen-Risiko-Bewertung durchführen, ob die L-Thyroxin-Behandlung weiterlaufen soll.“
Denn laut Ghotbi deute die Datenlage darauf hin, dass „ein erheblicher Anteil der Schilddrüsenhormon-Verschreibungen an ältere Erwachsene ohne Schilddrüsenunterfunktion“ erfolge. In den USA ist Levothyroxin das am zweithäufigsten verschriebene Medikament bei älteren Erwachsenen. „Manchmal nehmen Patienten Levothyroxin seit vielen Jahren ein, aber es ist nicht klar, warum es ursprünglich verschrieben wurde oder ob es noch erforderlich ist.“