Nachfolger für den aus dem Patentschutz gefallenen Blockbuster MabThera: Der Pharmakonzern Roche hat die Zulassung für das Krebsmittel Gazyvaro (Obinutuzumab) erhalten. Die Zulassung der EU-Kommission gilt in Kombination mit Chlorambucil zur Behandlung von Patienten mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), die nicht für eine intensive Therapie mit Fludarabin in Frage kommen.
Gazyvaro ist ein mittels Glycoengineering hergestellter monoklonaler Typ-II-Antikörper, der gezielt an das Protein CD20 bindet. Das Protein kommt nur auf der Oberfläche von B-Zellen vor. Der Antikörper tötet diese Zellen direkt ab und stimuliert als Immuntherapeutikum das Immunsystem der Patienten dazu, die Krebszellen zu bekämpfen.
Gazyvaro wurde von der Roche-Tochter Glycart entdeckt. Im November 2013 war das Medikament dem Konzern zufolge das erste Präparat, dem die US-Zulassungsbehörde FDA der Status eines Therapiedurchbruchs zuerkannt hat. Seitdem wird Obinutuzumab unter dem Namen Gazyva in den USA vermarktet.Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatte die Zulassung im Mai empfohlen.
Die europäische Zulassung stützt sich auf Ergebnisse der Studie CLL11, die in enger Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Die Studie mit 781 Patienten zeigte, dass Obinutuzumab das Risiko für das Fortschreiten der Erkrankung oder den Tod um 61 Prozent senkte, verglichen mit der Kombination des Roche-Präparats MabThera (Rituximab) und Chlorambucil. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug unter Gazyvaro 26,7 Monate, unter MabThera 15,2 Monate.
Wie Obinutuzumab bindet auch Rituximab an das Oberflächenantigen CD20. Das Krebsmedikament MabThera wurde 1998 zugelassen. Im vergangenen Jahr war das Präparat das meist verkaufte Produkt von Roche und bescherte dem Schweizer Pharmakonzern einen Umsatz von 6,9 Milliarden Schweizer Franken, umgerechnet rund 5,7 Milliarden Euro. Das entspricht knapp 15 Prozent des Konzernumsatzes in Höhe von 46,8 Milliarden Franken.
Roche plant noch in diesem Jahr die Markteinführung von Gazyvaro in einer Reihe von europäischen Staaten. Der Konzern testet außerdem den Einsatz des Präparats bei anderen Arten von Blutkrebs, bei denen sich Anti-CD20-Antikörper als wirksam erwiesen haben und zukünftige Kombinationstherapien die Notwendigkeit einer Chemotherapie reduzieren oder diese ganz überflüssig machen könnten.
CLL ist nach Angaben des Schweizer Konzerns mit 25 bis 30 Prozent der Fälle die häufigste Form der Leukämie in Europa. Jedes Jahr erkranken demnach rund 20.000 Menschen in Europa neu, 13.000 Patienten sterben.
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