Demenz-Leitlinie

Ginkgo: Vorteil für Tebonin

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Berlin -

Mit der aktualisierten Therapieleitlinie „Demenz“ wurde erstmals Ginkgo biloba in die kleine Auswahl der wirksamen Medikamente aufgenommen. Allerdings gilt die Empfehlung nur für die Dosierung à 240 Milligramm – und nur für den Extrakt von Dr. Willmar Schwabe. Grundsätzlich sollten Ärzte wissenschaftlich belegte Therapieoptionen stärker nutzen, fordern die Experten – und von Maßnahmen ohne Evidenz absehen.

Die Empfehlung für Ginkgo als neue Therapieoption betrifft explizit den Spezialextrakt EGb 761; neue klinische Studien belegten dessen Wirksamkeit bei Alzheimer- und vaskulärer Demenz, so die Experten. Patienten mit verminderter geistiger Leistungsfähigkeit, Aggression und Schlafstörung profitieren laut Leitlinie von der Therapie.

Schwabe hat sich den Extrakt patentieren lassen; in einem geheimen 20-stufigen Prozess wird die Droge verarbeitet. Weil andere Verfahren zu einem anderen Produkt führen, sind die Studiendaten nicht übertragbar.

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Ginkgo bei Demenz-Patienten seit 2008 nur für Präparate in der Tagesdosierung von 240 Milligramm. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte nur in dieser Stärke Hinweise für einen Nutzen gefunden.

Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2006 hatte keine ausreichende Evidenz für einen klinisch bedeutsamen Nutzen bei Patienten mit Demenz oder leichten kognitiven Störungen gesehen. Entsprechend ist die Bedeutung von Ginkgo im Rx-Bereich seit Jahren rückläufig; mittlerweile hat sich die Zahl der Verordnungen laut Arzneiverordnungsreport auf niedrigem Niveau bei 79.000 eingependelt, das entspricht 4,3 Millionen Tagestherapiedosen (DDD).

Zur Standardbehandlung der leichten und mittelschweren Form von Alzheimer-Demenz sollen vor allem die Wirkstoffe Donepezil, Galantamin und Rivastigmin verwendet werden. Die Cholinesterasehemmer verhindern den Abbau von Acetylcholin (ACh) im synaptischen Spalt und gleichen so das ACh-Defizit aus. Dadurch verbessern sich die kognitive Funktion und das körperliche Wohlbefinden der Patienten.

Memantin ist der einzige Wirkstoff, der zur Therapie von moderater und schwerer Alzheimer-Demenz zugelassen ist. Der selektive N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA)-Rezeptorantagonist blockiert die Wirkung pathologisch erhöhter Glutamat-Konzentrationen. Er verbessert die Alltagsfunktion und die Eigenständigkeit der Patienten.

Trotz steigender Bedeutung dementieller Erkrankungen ist der Einsatz von Antidementiva seit Langem rückläufig: Wurden 1992 noch 516 Millionen DDD verordnet, waren es 2014 noch 110 Millionen DDD. Piracetam hat nach einem negativen Cochrane-Review aus dem Jahr 2001 an Bedeutung verloren und kommt auf 8,9 Millionen DDD. Die Cholinesterasehemmer kommen auf 44,4 Millionen DDD, Memantin auf 28,1 Millionen DDD. Nicergolin ist mit 1 Million DDD von untergeordneter Bedeutung.

Neben der Arzneimittelltherapie spielen psychosoziale Betreuungskonzepte eine wichtige Rolle: „Psychosoziale Interventionen wirken genauso gut wie Medikamente und sind zentrale Bausteine im Gesamtbehandlungsplan von Demenzerkrankungen“, sagt der Direktor der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Professor Dr. Wolfgang Maier. Diese therapeutische Ergänzung soll aus Ergotherapie, gezielter körperlicher Aktivität und kognitive Stimulation bestehen.

„Parallele Erkrankungserscheinungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas sollten beobachtet werden“, empfiehlt Professor Dr. Frank Jessen, der Leitlinienkoordinator der DGPPN. Körperliche Bewegung, ein gesunder Lebensstil und soziale Aktivitäten könnten dabei helfen, Alzheimer aufzuhalten. Von der Empfehlung zu Hormonpräparaten sehen die Experten in der Leitlinie ganz klar ab.

Hierzulande leben nach Angaben der Deutschen Alzheimergesellschaft (DAlzG) rund 1,5 Millionen Menschen mit Demenz. Für das Jahr 2050 geht die Gesellschaft von drei Millionen Betroffenen aus, von denen rund jeder Dritte mehr als 90 Jahre alt sein wird.

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