Phytopharmaka

Leberkontrolle: Umckaloabo rettet Kava nicht

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Berlin -

Der Rechtsstreit um Kava geht bereits in das 19. Jahr. Alles begann 2001, als das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wegen des Verdachts auf Leberschädigungen ein Stufenplanverfahren einleitete. Jetzt hat die Behörde beim Verwaltungsgericht Köln (VG) durchgesetzt, dass Patienten maximal zwei Monate behandelt werden dürfen und alle zwei Wochen ihre Leberwerte kontrollieren lassen müssen. Der Verweis auf Umckaloabo half den Herstellern nichts.

Eigentlich hätte 2015 alles vorbei sein können. Damals bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) ein Urteil des VG, mit dem der Widerruf der Zulassungen vom 14. Juni 2001 aufgehoben worden war. Fraglich war zuletzt nur noch die nicht unerhebliche Frage, unter welchen Auflagen die Arzneimittel ihr Comeback feiern könnten. Dies sollte vor dem VG geklärt werden.

Die Richter schlugen im Dezember einen Vergleich vor, den die Parteien auch akzeptierten, der aber am letzten Tag der Frist vom BfArM widerrufen wurde. Somit drehte der Fall vor dem VG eine weitere Runde. Am 22. Januar kamen die Richter zu einem Urteil – nach dem Kava-Präparate als Therapieoption weiterhin ein unattraktiv bleiben.

So ist laut Urteil die Tageshöchstdosis auf 200 mg Kava-Pyrone begrenzt, die Packungsgröße auf 30 Tage. Maximal zwei Monate lang dürfen Patienten über 18 Jahren behandelt werden. Während dieser Zeit müssen sie sich alle zwei Wochen einer Leberkontrolle unterziehen; außerdem gibt es Warnhinweise in Fach- und Gebrauchsinformation.

Insbesondere mit der regelmäßigen Leberkontrolle hatten die Firmen ein Problem: Dies sei bei Anzeichen von Leberschäden ausreichend, hieß es. Die Unternehmen hatten große Hoffnung in eine neue Einschätzung der Kommission E gesetzt, denn die Forderung des Expertengremiums, die Leberwerte der Verwender wöchentlich überprüfen zu lassen, stammt aus dem Jahr 2002.

Dazu kam es im Februar 2018. Das Votum war positiv, der Zyklus der Leberkontrolle wurde von einer auf zwei Wochen ausgedehnt. Was die Therapiedauer angeht, wunderten sich die Richter über die neue Einschätzung, die – obwohl die Quellenlage unverändert sei – plötzlich von drei statt zwei Monaten ausging. Die Richter sahen aufgrund von Risikoaspekten die kürzere Frist als angemessen.

Die Hersteller wollten sich nicht damit abfinden und legten ein Gutachten vor, nach dem regelmäßige Leberwertkontrollen zur Risikominimierung generell ungeeignet sind. Dies überzeugte die Richter genauso wenig wie die Behauptung, Kava-Präparate hätten nur ein äußerst geringes Risiko. Dies unterliege schon angesichts der aktuellen Negativ-Monographie des Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) „deutlichen Zweifeln“.

Mit dem Verweis auf das leberschädigende Potential vieler anderer Arzneistoffe – genannt wurden Ergenyl (Valproat) und Umckaloabo – bissen die Firmen auf Granit: Für eine generalisierende Betrachtung unter Einschluss anderer potentiell leberschädigender Arzneimittel gebe es keinen Raum. „Entsprechende Vergleiche, insbesondere bei Risikoentscheidungen, leiden schon im Ansatz unter der Schwierigkeit, eine Vergleichbarkeit der Präparate zu begründen und hätten im Erfolgsfall das Einpendeln auf dem jeweils niedrigsten Sicherheitsniveau zur Folge.“

Dies gelte auch für die Forderung der Hersteller, bei den Warnhinweisen Rücksicht auf die Anwendergruppe – Patienten mit Angststörungen – zu nehmen, die durch die Angabe möglicherweise tödlicher Folgen verschreckt und von einer medizinisch gebotenen Anwendung der Präparate abgehalten werden könnten. „Es ist kein rechtlich fundierter Ansatz erkennbar, nach dem die Gestaltung der Pflichttexte vom Anwenderkreis abhängig gemacht werden könnte, bestimmten Anwendern mit Rücksicht auf die Indikation an sich gebotene Angaben also verschwiegen werden könnten. Insbesondere Risikoangaben haben objektiven Anforderungen zu genügen. Ansatzpunkte für eine psychisch geringer belastende Formulierung sind nicht erkennbar.“

Nur um Schulungsmaterial sind die Firmen herumgekommen, da dies aus Sicht der Richter nicht erforderlich ist und damit unverhältnismäßig. „Das dem Bescheid beigefügte Patientenheft erschöpft sich in einer wiederholenden Darstellung dessen, was bereits aus der Gebrauchsinformation für den Patienten ersichtlich ist. Weshalb es unter Aspekten der Risikovorsorge einer zusätzlichen Information bedarf, erschließt sich nicht.“ Der bloße Hinweis des BfArM, dass es sich um eine weitere Risikominimierungsmaßnahme handele, sei keine inhaltliche Begründung. „Vor dem Hintergrund der aufgrund der Verschreibungspflicht und der obligatorischen Leberwert-Kontrollen ohnedies notwendigen Arztbesuche besteht kein rechtfertigender Grund für eine die Angaben der Gebrauchsinformation zum Teil in anderer druckgraphischer Gestaltung wiederholende Patienteninformation.“

Die Fronten sind nach wie vor verhärtet. Die Unternehmen werfen dem BfArM vor, der Kommission E unkommentiert eine alte Fassung des HMPC-Votums vorgelegt zu haben. Fünf Fachgesellschaften hatten Einspruch gegen das Votum des Expertenausschusses der Europäischen Arzneimittelkommission (EMA) erhoben, da zahlreiche Fehler enthalten waren, von denen ein Teil im Nachgang korrigiert wurde.

Außerdem habe ein Vertreter des BfArM angekündigt, auf Grundlage der HMPC-Monographie bei anstehenden Änderungen der Zulassung hart durchzugreifen. Es lägen kein aussagefähigen Studien zu Kava vor; vor 2001 publizierte Untersuchungen seien fehlerhaft und entsprächen nicht der Guideline bei Anxiolyse, die 2007 – allerdings für Antidepressiva – verfasst wurde.

Kava ist ein pflanzlicher Angstlöser, der bei nervösen Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen eingesetzt wird. Seit 2002 unterliegen die Präparate der Verschreibungspflicht. Den nächsten Schlag könnte der Gemeinsame Bundesausschuss den Präparaten zusetzen. Denn aufgrund der regelmäßig vorgeschriebenen Kontrollen der Leberwerte sind die Produkte alles andere als wirtschaftlich. Es bleibt also spannend wie es mit Kava weitergeht.

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