Stimulierende Abführmittel

Laxanzien: Ist die regelmäßige Einnahme unbedenklich?

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Berlin -

Personen, die unter Verstopfungen leiden, suchen zunächst häufig Rat in der Apotheke. Betroffene äußern immer wieder Bedenken, dass die Einnahme von Laxanzien den Darm schädigt und abhängig macht. Aber ist diese Sorge auch begründet? Ein Überblick.

In Deutschland leiden etwa 20 Prozent der Bevölkerung im höheren Alter an Verstopfung (Obstipation). Frauen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Eine chronische Verstopfung kann die Lebensqualität erheblich verschlechtern, daher sollten die Symptome ernst genommen und behandelt werden. In der Selbstmedikation stehen dafür sogenannte stimulierende Abführmittel zur Verfügung.

Dazu gehören beispielsweise Bisacodyl und Natriumpicosulfat. Beide Wirkstoffe erhöhen den Flüssigkeitsgehalt im Darm und regen die Eigenbewegung des Verdauungstraktes an. Die Wirkstoffe haben sich in Leitlinien-Empfehlungen als Mittel der ersten Wahl etabliert. Dennoch sorgen sich Betroffenen häufig – insbesondere bei langfristiger Anwendung – vor Darmschädigungen. Haben stimulierende Laxanzien wirklich einen negativen Einfluss auf den Darm?

Laxanzien mit Mythen behaftet

In einer Übersichtsarbeit im Rahmen eines digitalen Expertengesprächs von Dr. Ahmed Madisch, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Centrum Gastroenterologie Bethanien in Frankfurt am Main wurden folgende Ergebnisse vorgestellt:

„Es gibt viele Mythen rund um Laxanzien. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass eine dauerhafte Einnahme den Darm schädigen kann oder sogar zu Abhängigkeit führt“, so Madisch. Daher werde bei Laxanzien häufig nur eine kurzfristige Einnahme empfohlen. „Doch nach dem Absetzen der Medikamente tritt die Obstipation in der Regel wieder auf, was zu einem ständigen Auf und Ab zwischen der Einnahme von Laxanzien und dem Wiederauftreten von Verstopfung führt.“

Keine Beweise für Darmschädigung

Das beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich, so Madisch zusammenfassend. „Die negativen Bewertungen basieren jedoch auf retrospektiven Studien und der Verwendung hoher Dosierungen, die weit über den empfohlenen Mengen lagen“, erklärt er. Dabei zeige die jüngste Analyse, für die 43 relevante Publikationen ausgewertet wurden, dass es keine Beweise dafür gibt, dass stimulierende Laxanzien den Darm schädigen oder das Risiko für Darmkrebs erhöhen.

Mehr noch: „In keiner formalen Langzeitstudie konnten morphologische Veränderungen der neuralen Elemente des Darms oder der glatten Darmmuskulatur durch Bisacodyl oder Natriumpicosulfat beim Menschen nachgewiesen werden“, so Madisch. Darüber hinaus gebe es keine überzeugenden Beweise dafür, dass „stimulierende Abführmittel mit der Entwicklung von Dickdarmkrebs in Verbindung stehen“, erklärt der Experte. „Viele Studien, die auf eine mögliche schädliche Wirkung von Abführmitteln hindeuten, wurden dadurch eingeschränkt, dass sie Störfaktoren wie begleitende neurologische Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und das Alter nicht berücksichtigten.“

Unbehandelte Obstipation birgt Krebsrisiko

Eine wichtige Erkenntnis aus der Übersichtsarbeit sei, dass viele der gängigen Mythen über Laxanzien widerlegt werden konnten, so der Forscher. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die langfristige Einnahme von Laxanzien den Darm schädige. Weiter heißt es: „Ebenso wurde kein negativer Einfluss auf die Darmmotilität festgestellt. Die Forschung zeigt auch, dass Laxanzien keine toxischen Effekte haben und weder mutagen noch karzinogen wirken.“ Im Gegenteil: „Es gibt Hinweise in der Literatur, dass eine unbehandelte Obstipation das Risiko für die Entstehung von Kolonkarzinomen sogar erhöhen könnte“, unterstreicht Madisch.

Laut den Forschenden sollten die Vorteile der Behandlung mit stimulierenden Laxanzien, insbesondere bei Patienten mit chronischer Verstopfung, neu bewertet werden. Denn: „Die klinische Anwendung dieser Medikamente seit über 50 Jahren ohne schwerwiegende Sicherheitsprobleme spricht für ihre fortgesetzte Nutzung.“ Die Publikation leiste einen wichtigen Beitrag, indem sie die Sicherheit von Laxanzien objektiv darstelle. „Dadurch können Ängste der Patienten vor einer regelmäßigen und dauerhaften Einnahme entkräftet werden.“

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