Depressionen können bisher nur klinisch anhand bestimmter Symptome diagnostiziert werden. Bereits seit längerem versuchen Forscher:innen auch laborchemische Kriterien zu ermitteln, um die Erkrankung mithilfe von Biomarkern identifizieren zu können. Der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist hier möglicherweise ein bedeutender Schritt gelungen: Ein Forscherteam bestimmte die Substanz Laurylcarnitin als möglichen Biomarker. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachjournal „Molecular Psychiatry“ vorgestellt.
Für ihre Untersuchungen nahmen die Wissenschaftler:innen um Professorin Helena Zacharias das sogenannte Metabolom unter die Lupe – die Gesamtheit aller Stoffwechselreaktionen in bestimmten Zellen. Diesen bezeichnet das Team als eine Art „metabolischen Fingerabdruck“. Er liefere tiefe Einblicke in Krankheitsmechanismen und den Verlauf von Krankheiten.
Gemeinsam mit der Technischen Universität München und dem Helmholtz Zentrum München wurde das Metabolom im Blut von Menschen mit und ohne Depression untersucht. Insgesamt kamen dabei über 1400 Blutproben zum Einsatz. Daraus wurden 353 einzelne Metabolite im Blutserum identifiziert und gemessen. „Bei den Metabolom-Messungen sind wir hypothesenfrei vorgegangen. Das heißt, wir haben uns nicht gezielt einzelne Moleküle angeschaut, sondern zunächst alles gemessen, was man messen kann“, so Zacharias.
„Bei diesem Screeningansatz haben wir einen Metaboliten gefunden, der signifikant mit Depression assoziiert ist – das Laurylcarnitin.“ Es zeigte sich, dass es bei Menschen mit Depressionen zu signifikant niedrigeren Spiegeln kam: Die Substanz gehört zu den Acylcarnitinen, welche für den Transport von Fettsäuren und deren Oxidation in den Mitochondrien verantwortlich sind. Die niedrigen Konzentrationen könnten daher ein Hinweis für Veränderungen in diesen Bereichen sein. Ein Zufallsbefund sind die erniedrigten Spiegel nicht: Auch in einer anschließenden Validierungsstudie mit knapp 100 Personen wurde gezielt untersucht und festgestellt, dass die Konzentrationen bei Personen mit Depression niedriger sind als bei Gesunden.
Unklar ist jedoch, ob die niedrigen Laurylcarnitin-Spiegel eine Ursache oder die Folge einer Depression sind. „Zukünftige Studien könnten hier ansetzen und die kausalen Zusammenhänge zwischen Depression und Laurylcarnitin untersuchen, um zu prüfen, ob Laurylcarnitin ein Ziel für neue Therapien sein könnte.“
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