Apotheker sollen L-Thyroxin importieren APOTHEKE ADHOC, 17.03.2015 15:32 Uhr
Sanofi bekommt seine Lieferprobleme bei L-Thyroxin Henning in Tropfenform nicht in den Griff. Daher sollen Apotheker nach Rücksprache mit dem Arzt auf Alternativen ausweichen: entweder auf die Tabletten, die auch suspendiert werden können, oder auf Einzelimporte.
Im September und im Januar hatte Sanofi insgesamt 13 Chargen der Tropfen zurückgerufen. Damit war der Markt weitgehend leer gefegt. Laut Sanofi gibt es seit Januar keine neue Ware; da der Konzern der einzige Hersteller mit Tropfen im Sortiment ist, müssen Apotheken nach Lösungen suchen.
Jetzt gibt Sanofi den Hinweis, die Tabletten in den Dosierungen 25 bis 200 Mikrogramm als Alternative einzusetzen. Bei Kindern, die eine niedrigere Dosierung benötigten, könnten die Tabletten mit der geringsten Wirkstärke halbiert werden.
Bei Bedarf sei auch eine Suspendierung möglich. „Hierzu lässt man die Tablette in etwas Wasser (10 bis 15 ml) zerfallen und verabreicht die entstehende feine Verteilung (sie ist für jede Einnahme frisch zuzubereiten!) mit etwas weiterer Flüssigkeit (5 bis 10 ml)“, heißt es in einer Mitteilung.
Alternativ könnten die Apotheken ein vergleichbares Fertigarzneimittel importieren. Alle Maßnahmen sollen in Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Das ist auch nötig, denn ein Austausch ist angesichts der Aut-idem-Liste nur mit neuem Rezept möglich.
Apotheken hatten bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) Ausflockungen gemeldet; beim Hersteller waren weitere Reklamationen auch von Patienten eingegangen. Nach Untersuchungen war klar, dass es sich um ausgefallenen Wirkstoff und nicht um Verunreinigungen mit anderen Stoffen oder eine Kontamination mit Keimen handelte.
Zum Zeitpunkt der Freigabe hätten alle Chargen der Spezifikation entsprochen, so Sanofi. Da aber nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass weitere Flaschen von Ausflockungen betroffen seien, hatte der Konzern vorsorglich alle betroffenen Chargen zurückgerufen. Erst vor kurzem hatte Hexal Lieferprobleme bei L-Thyrox 25 µg eingeräumt.
L-Thyroxin wird eingesetzt bei Schilddrüsenunterfunktion, benignem Struma und zur Begleittherapie einer Schilddrüsenüberfunktion, die erfolgreich mit Thyreostatika behandelt wird. Bei Schilddrüsentumoren wird das Hormon vor allem nach Operation eingesetzt, um ein erneutes Tumorwachstum zu verhindern. Außerdem ist der Einsatz als Diagnostikum möglich, um Fehlregulationen der Schilddrüsenfunktion rechtzeitig zu erkennen.
Bei Neugeborenen und Kindern mit angeborener Schilddrüsenunterfunktion ist ein rascher Hormonersatz besonders wichtig, um eine normale geistige und körperliche Entwicklung zu erzielen. Für diese Form der Schilddrüsenunterfunktion wird in den ersten drei Monaten der Behandlung eine tägliche Dosis von 10 bis 15 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen.
Mit 7 Millionen Verordnungen liegt L-Thyroxin Henning laut Arzneiverordnungsreport auf Platz 6 unter den am häufigsten abgegebenen Arzneimitteln in der Apotheke. Das Schwesterprodukt L-Thyroxin Winthrop folgt mit 2 Millionen Verordnungen hinter L-Thyrox von Hexal mit 4,8 Millionen Verordnungen und Euthyrox von Merck mit 3,3 Millionen Verordnungen. Insgesamt werden jährlich knapp 1,2 Milliarden Tagestherapiedosen verschrieben. Zusätzlich gibt es Kombinationsprodukte mit Iodid; Liothryronin spielt eine untergeordnete Rolle.