Eine großangelegte Beobachtungsstudie, die zuletzt im Fachjournal Plos One erschienen war, sorgte für Aufregung: Laut den Wissenschaflter:innen reiche die alleinige Einnahme von Antidepressiva zur Verbesserung der Lebensqualität nicht aus. Die Studie basiert auf Daten aus dem „Medical Expenditures Panel Survey“, einer nationalen, repräsentativen Gesundheitsbefragung aus den USA. Nun wird Kritik an der Studie laut: Zu wenig sei über die genauen Schweregerade der einzelnen Erkrankungen bekannt. Zu vage sei die Aussage, dass Antidepressiva die Situation der Betroffenen nicht verbesserten.
Befragt wurden über 17 Millionen Erwachsene, die die Diagnose Depression erhalten hatten. Dabei waren mehr Teilnehmende weiblich – Frauen erhalten ungefähr doppelt so häufig die Diagnose Depression wie Männer. Als Hauptergebnis präsentieren die Autor:innen, dass die gut 57 Prozent der Studienteilnehmer:innen, die Antidepressiva erhielten, keine stärkere Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität erzielten, als die knapp 43 Prozent, die keine solche Medikation einnahmen.
Ein Punkt, weshalb Antidepressiva nicht zu einer Steigerung der Lebensqualität führen, könnten die zum Teil belastenden Nebenwirkungen sein. Denn unerwünschte Effekte wie Gewichtszunahme, Libidoverlust oder unreine Haut können die Betroffenen zusätzlich belasten. Nicht selten dauert es, bis die passende Dosierung für den/die Einzelne:n gefunden wird. Bis dahin klagen zahlreiche Patient:innen über zu starke Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Appetitverlust oder -steigerung.
Doch nun steht diese Studie in der Kritik. Denn ob schwere Symptome einer akuten Depression ausreichend mit Hilfe von Tabletten und Kapseln behandelt werden konnten, dazu liefert die Studie keine Ergebnisse. Auch wurde nicht erfasst, wie groß der Erfolg der eingenommenen Antidepressiva bei der sogenannten Phasenprophylaxe im Rahmen bipolarer Störungen war. Und: Die eigentliche Schwere der Depression wurde nicht erfasst. Das Krankheitsbild kann sich ganz unterschiedlich äußern. Während einige Betroffene in der Lage sind ihrem Alltag nachzugehen, können andere Erkrankte in einigen Phasen nicht mal mehr das Bett verlassen. Ebenfalls nicht erfasst wurde, ob die Betroffenen bereits eine Psychotherapie in Anspruch genommen haben und ob Begleiterkrankungen vorliegen.
Lediglich Personen die Antidepressiva einnahmen, mit solchen zu vergleichen die keine einnahmen, ist kein vollständiger Ansatz der eine evidenzbasierte Aussage zur Frage nach der Steigerung der Lebensqualität ermöglicht, so das kritische Fazit vieler Forscher:innen, die sich mittlerweile mit der Studie auseinandergesetzt haben. Die Arbeit der Wissenschaftler:innen aus Riad, Saudi Arabien, zeigt jedoch auch einen wichtigen Ansatz auf: Therapie sollte ganzheitlich sein. Ärzt:innen sollten stärkere Zurückhaltung bei der medikamentösen Behandlung von Depressionen an den Tag legen und Psycho-, Gruppen- und Gesprächstherapien in die Behandlung mit einbeziehen.
Schon jetzt zeigt die Studienlage, dass Antidepressiva in Kombination mit einer Psychotherapie effektiver sind als entweder Antidepressiva oder Psychotherapie allein. Den Mitteln jeglichen Therapieerfolg bei Monoeinsatz abzusprechen widerspreche jedoch der aktuellen Evidenzlage.
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